Wegen des großen
Anklangs hier noch eine weitere Geschichte aus meiner Zeit als “Arbeitsloser”
in Japan.
Nein, Geldsorgen hatte ich wirklich nicht, im Grunde war ich ja auch nicht arbeitslos, sondern hatte schon einen Vertrag in der Tasche, dieser fing aber erst in 5 Monaten an. Mir fiel einfach das Dach auf den Kopf. Irgendwann hat man auch in Tokyo so ziemlich alles sehenswerte durch, alle möglichen Videogames gezockt und genug vom japanischen Hausfrauen-TV. Man kann auch nicht den ganzen Tag Japanisch lernen, sonst wird man früher oder später verrückt. Also nix wie ab zum Arbeitsamt, hier „Hello Work“ (www.hellowork.go.jp). Natürlich nicht zum normalen, sondern zum „Hello Work for foreigners“. Da stehen dann ca. 10 Computer, an denen man sich über das spärliche Angebot informieren kann. Naja, spärlich wenn es absolut nix mit Englischlehrer“ zu tun haben soll.
Nein, Geldsorgen hatte ich wirklich nicht, im Grunde war ich ja auch nicht arbeitslos, sondern hatte schon einen Vertrag in der Tasche, dieser fing aber erst in 5 Monaten an. Mir fiel einfach das Dach auf den Kopf. Irgendwann hat man auch in Tokyo so ziemlich alles sehenswerte durch, alle möglichen Videogames gezockt und genug vom japanischen Hausfrauen-TV. Man kann auch nicht den ganzen Tag Japanisch lernen, sonst wird man früher oder später verrückt. Also nix wie ab zum Arbeitsamt, hier „Hello Work“ (www.hellowork.go.jp). Natürlich nicht zum normalen, sondern zum „Hello Work for foreigners“. Da stehen dann ca. 10 Computer, an denen man sich über das spärliche Angebot informieren kann. Naja, spärlich wenn es absolut nix mit Englischlehrer“ zu tun haben soll.
Nach meinem
Ausflug in die Welt der Eikaiwas, hätte ich mir lieber die Nudel mit Brennnesseln eingewickelt, als auch nur noch einen Schritt in eine Eikaiwa zu setzen. Leider sind 90% der angebotenen Jobs irgendwelche "Lehrtätigkeiten". Der Rest der Jobs: Zu 50% Interpreterjobs, für die man fließend
Japanisch sprechen und lesen muss. 30% bieten einen Einstieg in die faszinierende
Welt der Gastronomie. Als Kellner oder Oben Ohne-Bedienung in Roppongi. Der
Rest sind die Arbeiten, die die Japaner auf keinen Fall selbst machen wollen.
Drecksarbeit eben. Echte Jobs für ausgebildete Ingenieure findet man hier eher selten. Wenn, dann sind die Anforderungen jenseits von gut und böse, z.B.: min. Master, native Englisch, native Japanisch, weitere Sprachen wie Deutsch, Italienisch, Spanisch mindestens fliessend, 10 Jahre Erfahrung in exakt der Branche als Manager, besser als Direktor, usw. Und dann am besten für 200.000 Ocken im Monat. Na klasse.....
Nach erfolglosem
Suchen hab ich mich dann an einen persönlichen Berater gewandt, der trotz „Hello
Works for foreigners“ kaum einen Satz in Englisch zusammenbekam. Mit Händen und
Füssen ging es weiter. Ich hätte gleich aufstehen und wegrennen sollen, als er
mich fragte, ob ich wirklich JEDEN Job machen würde. Aber ich blieb sitzen. Ich
hätte lieber in einem Altenheim die Nachttöpfe saubergespült, als auch nur noch
einen Tag das japanische TV-Programm zu ertragen. „Ich nehm alles, egal was!“
Damit war mein Schicksal besiegelt.
Schon am nächsten
Morgen stand ich in einem versifften Buero von „NEC Catering“, der Firma die
den Kantinenfraß für NEC’s Angestellte zubereitet. Ruckzuck bekam ich ein
Ganzkörperkondom inklusive Gummistiefeln, Handschuhen, Haarnetz und
Gesichtsmaske verpasst und wurde in einen Kühlraum bugsiert in dem ca. 20 total
vermummte Gestalten an langen Tischen standen. Jeder Imam hätte sich vor Freude
in den Kaftan gemacht.
Ich sollte mir erstmal
anschauen was so abgeht und nach der Frühstückspause mit einsteigen. Nun ja,
viel zu kapieren gab es da nicht. In dieser Bude wurden Kartoffeln geschält,
Paprika zerteilt, Möhren in Streifen geschnitten, usw. Als ich in den Frühstücksraum
ging, kamen mir leise Zweifel an meiner Entscheidung: Ich war der einzige
offensichtliche Weiße. Meine „Kollegen“ waren zur einen Hälfte Afrikaner,
Araber, Latinos, usw; und zur anderen Hälfte Chinesen, Thai, Vietnamesen, usw.
In ihren Gesichtern konnte ich ablesen, das Weiße hier 1. eher ein seltener
Anblick sind und 2. auch nicht besonders beliebt sind. Naja, was solls.
Schließlich arbeiten wir ja nur mit scharfen Messern und Hackebeilen. Was soll
da schon passieren?
Vorarbeiter war
eine kleine Chinesin, die wirklich äußerst beliebt war. Auf jede ihrer gebrüllten
Anweisungen gingen so ziemlich alle Mittelfinger oder Messer hoch. Hier und da
schmiss auch jemand mit Gemüse nach ihr. Nachdem ich ein paar Stunden mit
Kartoffelschälen beschäftigt war und mich immer wieder gefragt habe, was ich
hier eigentlich mache, ging die Tür auf und ein neuer „Kollege“ kam rein. Ein
197cm Israeli mit einer Riesennarbe im Gesicht. Danke Gott! Jetzt fehlt nur
noch ein Ossi und ich gehe heute Abend mit mindestens 3 Messern im Rücken nach
Hause. Und nochmal: Mein alter Prof. (RIP) wäre sicher stolz auf mich gewesen....
Naja, Yehonatan
(der Israeli) war eigentlich ganz ok. Er war Soldat und hat nach eigenen
Angaben „hunderte Mullahs gekillt“. Deutsche hätte er auch gerne gekillt, aber
ich wäre ja nur ne ganz arme Sau wenn ich hier arbeiten muss. Das war ok für
ihn. Na, hab ich ein Glück.....
Nach 2-3 Tagen hatte
sich mit mir, Yehonatan und Jay-Jay (Ghana) eine gut eingespielte Gruppe
gefunden, so arbeiteten wir nebeneinander und schirmten uns gegenseitig vor den
Anderen ab. Gleich in der ersten Woche wurden unsere Spinde aufgebrochen und
alles Verwertbare geklaut. Das Arschloch hat sogar meine Doraemon-Lunchbox mitgenommen! Fragen nach der Polizei wurden verneint. Die würde
es einen Scheißdreck interessieren, wenn Gaijin sich gegenseitig beklauen. Damit war das Thema erledigt.
Das Arbeitsklima
war dementsprechend „etwas rauh“. Ständig gab es Streit, wer was zu bearbeiten
hat. Kartoffeln waren bei allen unbeliebt, also bekam ich sie als „Kartoffelfresser“
aufs Auge gedrückt. Auch in der Pause gab es ständig Reibereien, besonders
zwischen Afrikanern und Chinesen. Die Araber hielten sich ziemlich raus, waren
sie doch eindeutig in der Unterzahl. Und ich, Yehonatan und Jay-Jay blieben
auch in der Pause meistens im Kühlraum. Dort war es zwar arschkalt, aber einfach sicherer. Aufs Gelände
durften wir nicht. Nach Feierabend wurden alle sofort in einen Bus verfrachtet,
der direkt vor dem Ausgang parkte und wurden direkt zum nächsten Bahnhof
gefahren. 2 Wachleute waren immer dabei. Und nein, nicht die typischen senilen J-Wachgreise, sondern 2 ziemliche J-Kanten. Da hätte mir schon ein Licht aufgehen müssen. So muss sich Knast mit Freigang anfühlen. Und das alles für 918 Yen die Stunde. 10 Stunden am Tag.
Ich und „meine
Jungs“ hatten ziemlich viel Spaß. Wir erzählten uns Weibergeschichten,
schnitzten Geschlechtsteile aus Gemüse und sangen bei der Arbeit. Irgendwie
muss Jay-Jay dann wohl ein Lied angestimmt haben, das einem seiner "Bros" nicht gefiel, denn er bekam eine Melone vor den Kopf geworfen. Während Jay-Jay
ausgenockt auf der Erde lag, packte sich Yehonatan seinen Kartoffelschäler,
ging zum Melonenwerfer und rammte ihm diesen in den Oberschenkel.
Bis zum Griff. Man konnte die "Wtf???"-Gesichter durch die Masken spüren! Sofort brach Chaos aus. Während die meisten Chinesen flüchteten,
ging der Rest der Meute aufeinander los wie eine Herde ausgehungerter Pitbulls auf ein Kottlet.
Ich zog den immer noch benommenen Jay-Jay aus der Gefahrenzone in den
Pausenraum und verriegelte die Tür. Nach ein paar Minuten kam auch schon die
Polizei und löste den Tumult mit gezielten Knüppelschlägen und Reizgas auf. Ich
und Jay-Jay waren die Einzigen ohne Stichverletzungen. Ungefähr die Hälfte der
Streithähne, inklusive Yehonatan, mussten im Krankenhaus bleiben. Der Rest
wurde ambulant abgefertigt.
Die Polizei hat
niemanden ausgefragt. Nicht eine Anzeige wurde gestellt. Der Fall war damit
erledigt. Für mich auch. Am nächsten Morgen würde die nächste Fuhre von neuen Gaijin ihre Arbeit anfangen. Ich dagegen saß am nächsten Morgen vorm Fernseher und zog mir
mit höchstem Genuss das japanische Frühstücks-TV rein. Scheiss auf Arbeit, die
5 Monate bis zum Vertragsbeginn in meiner deutschen Firma würde ich schon
rumkriegen.
Ein paar Tage später saß ich mit 13 anderen Gaijin in einem großen Raum und wurde fürs Nintendo DS spielen bezahlt. Aber das ist eine andere Geschichte......
Ein paar Tage später saß ich mit 13 anderen Gaijin in einem großen Raum und wurde fürs Nintendo DS spielen bezahlt. Aber das ist eine andere Geschichte......
Was zur Hölle erlebst du eigentlich immer!? Oh mein Gott :D
AntwortenLöschenDarf man fragen, wo du (wenn du von Ingenieuren redest) studiert hast?
Ich bin keiner. Darum suche ich auch noch n Job. Aber als Geisteswissenschaftler (jeglicher fachlichen Ausrichtung) kann es schon gut und gerne ein Jahr oder länger dauern. Dafür holen sie dich hier als Ingenieur von der Uni schon ab und würden dir gern noch diverse Körperteile lecken, damit du für sie arbeitest.
Jobwunder am Arsch! Wenn du nich grad n Facharbeiter oder Studierter in irgendnem technischen Bereich bist, siehts lang nicht so rosig aus.
Sorry, aber manche Sachen werde ich hier so offen nicht beantworten. Nur so viel: Meine Qualifikation wurde in D immer in Frage gestellt und hier in J kaum zur Kenntnis genommen. Titel taugen hier nicht viel, wenn sie nicht in hier erworben wurden. Und selbst dann ist der Name der Uni wichtiger, als der Titel selbst. Wir verkaufen Maschinen und meine Kollegen haben alles mögliche studiert, nur nichts in die Richtung Maschinenbau, so wie ich. Trotzdem sind manche von ihnen durchaus so etwas wie erfolgreich.
LöschenZum "erleben": Ich muss mich wohl damit abfinden, das ich solche Situationen anziehe, wie ein Kuhfladen die Fliegen....
Du hast immerhin ein unterhaltsames Leben. Vielleicht solltest du mal an eine Autobiographie denken. ;-)
LöschenHm, ich dachte das hier ist meine Autobiographie.....
LöschenSchon, aber du verdienst ja kaum daran.
LöschenIm nächsten Post bitte die Geschichte mit den DS :D ich glaub das isn Traumjob für viele junge deutsche J-Lovers :D
AntwortenLöschenEigentlich muss ich sagen, dass ich diese verrückten und teilweise bösartigen Motz-Beiträge fast besser finde. Es hat oftmals so einen surrealen "erzähl kein Scheiss, das passiert doch NIEMANDEM!" -Charakter. Ich denke da nur an die 27 male wo sein Auto in der Werkstatt war. Ich wäre längst ausgerastet und hätte die Karre im nächsten See versenkt, inklusive der Mechaniker. Also ernsthaft, Hut ab davor dass du das alles mit Humor nimmst!
LöschenManchmal muss ich dabei an Bart Simpsons Angry Dad-Comics denken.
Wär ja vielleicht mal was - "Angry Angry Gaijin - wurathu from doitsu!"
Ich möchte mich echt mal für diesen Blog bedanken... ich hab jedesmal Tränen in den Augen vor Lachen. Ist echt super geschrieben ich hoffe du machst noch lange weiter :)
AntwortenLöschenGanz ehrlich, manchmal sind die Geschichten schwer zu glauben!
AntwortenLöschenUnd das obwohl ich hier bereits im Halbschlaf am PC sitze und mir nicht ganz sicher bin, ob ich das gerade geträumt habe oder nicht.
Das erinnert mich übrigens stark an einen meiner vielen Studentenjobs, aber da wurde nicht mit Messern aufeinander losgegangen .... ging eher um Käse. *g*
Ist schon ok Süße. Man muss mir ja nicht glauben. Ich hätte auch gern ein etwas ruhigeres Leben. Eigentlich ist das sogar mein größter Wunsch. Aber irgendeine Macht hat sich etwas anderes für mich ausgedacht. Es hat schon seinen Grund, das ich bereits 2 mal geschieden bin und trotz meiner 46 Jahre auf diesem verdammten Planeten immer noch verzweifelt versuche endlich erwachsen zu werden......
LöschenGanz ehrlich? Wenn erwachsen werden heisst, dass man keinen Spass mehr haben darf, keine Fehler mehr machen darf und ein Leben führen muss wie meine Grosseltern, dann werde ich hoffentlich nie erwachsen. Ist mir doch egal, was so mancher von mir denkt :)
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