Ey Japan, was geht? Teil 5 Wohnung

13


Heute kuemmern wir uns mal um die Wohnungssuche in Japan, bzw. speziell in Tokyo. Wir haben das Jahr 2011, alles ist globalisiert, die Metropolen der Welt geben sich international, es gibt keine kulturellen Barrieren mehr. Bullshit! Wohnungssuche in Tokyo ist etwas spezielles. Besonders fuer Auslaender.

Ihr findet hier natuerlich Infos, wie man sie von mir erwarten kann. 
Im Netz gibt es wohl genug Seiten, auf denen man sich mit dem Thema  
"Wohnung in Tokyo" befassen kann, einfach mal googlen.

Ganz im Gegensatz zu den Maklern in Deutschland, haben die Makler hier in Japan einen guten Ruf und der Beruf des Maklers gehoert durchaus zu den angesehenen, waehrend man in Deutschland als Makler in eine Reihe mit: Gebrauchtwagenverkaeufern, Versicherungsvertretern, Gerichtsvollziehern und katholischen Pfaffen gestellt wird.

Klar, es gibt in Tokyo jede Menge Makler, die sich auf Auslaender spezialisiert haben. Diese lassen sich ihre Dienste dann auch besonders gut bezahlen. Wenn man nicht den Luxus hat, ueber unbegrenzte Geldmittel zu verfuegen, oder die Wohnung von der Firma finanziert wird, sollte man von diesen aber die Finger lassen. Echt zu teuer.


Typisches 70er Jahre Apato.
Grosszuegige 30 qm warten hier auf einen neuen gluecklichen Mieter.
Waschmaschine ist da, wo sie hingehoert, naemlich draussen....

Fuer eine vergleichbare Bude beim japanischen Immofritze zahlt man locker 20% weniger. Immobilienmakler erkennt man besonders leicht an den mit Wohnungsangeboten zugekleisterten Schaufenstern. Es gibt sie ueberall, besonders aber um die Bahnstationen herum. Gut ist: Man sieht, ohne in „die Hoehle des Loewen“ zu muessen, sofort den Preis und einen Grundriss. Besonderheiten wie: Internetanschluss, Pay-TV-Anschluss, Stellplatz fuer Rad/Moped/Auto werden auch aufgelistet.

Schlecht ist: Nicht jeder Vermieter will einen Auslaender im Haus. Naja, als Deutscher hat man schon mal gute Karten. Feste Arbeit macht sich auch gut. Und vernuenftige Kleidung, aus der nicht gleich irgendwelche Tattoos oder ein Arschgeweih herausblitzen kommt auch gut. Falls ihr nicht, so wie ich, ein permanentes Visa habt, braucht ihr auf jeden Fall einen japanischen Buergen fuer die Wohnung. Am besten nehmt ihr sofort einen Japaner mit zum Gespraech. Selbst Auslaender, die perfekt Japanisch sprechen, werden mir da recht geben. Es empfiehlt sich, eine der grossen Immoketten, wie z.B. Century21 zu kontaktieren, die haben mehr Erfahrungen mit Auslaendern als die typischen kleinen Laeden und helfen oft auch bei allen anfallenden An- und Ummeldungen.

Typische Singleapatobutze in Setagaya, ca. 60.000 Yen/Monat

Normalerweise schliesst man einen Mietvertrag fuer die Dauer von 2 Jahren ab. Es gibt auch Makler die laengerfristige Vertraege gegen Aufpreis anbieten. Lohnt sich in der augenblicklichen Situation in Tokyo (Miet- und Grundpreise fallen seit Jahren) eher nicht. Die meisten Makler verlangen im Augenblick 1 Monatsmiete Bearbeitungskosten, dazu kommen im Schnitt 2 Monatsmieten Kaution. Diese ist aber, besonders wenn mehrere Wohnungen im Block leerstehen, oder die Wohnung schon etwas laenger leersteht, durchaus verhandelbar. Einplanen sollte man auch so eine Art: „Ich danke meinem Vermieter, das er mich unwuerdiges Wesen in seiner herrschaftlichen Residenz wohnen laesst“-Zahlung von einer Monatsmiete. Viele Makler werben aber mit einem Verzicht auf diese Zahlung. Die Kaution wird in der Regel selten zurueckgezahlt, weil die meisten Buden, besonders die von japanischen Singles, beim Auszug aussehen wie Sau. Das solltet ihr auf jeden Fall verhandeln. Mieten sind Kaltmieten, oft ist aber eine Reinigungspauschale enthalten und immer mehr Vermieter schliessen spezielle Vertraege mit Kabelprovidern ab und koennen so durchaus guenstige Preise fuer Internet, TV und Festnetztelefon anbieten.

Nix fuer Leute mit Platzangst: Typisches Apato-Scheisshaus.
Wenigstens gibt es genug Haltegriffe zum Festkrallen.....


Alles andere, wie Gas, Wasser, Strom, usw, muesst ihr selbst anmelden, aber auch hier bieten viele Makler ihre Hilfe an. All diese Sachen werden monatlich, bzw. im 2-Monatsrhytmus abgerechnet. Einzugsermaechtigungen wie in Deutschland gibt es dafuer eigentlich nicht, man kann aber per Kreditkarte zahlen (sehr bequem!) oder geht mit dem zugeschickten Zahlschein ins naechste Konbini und zahlt dort. Fuer die Miete kann man mit seiner Bank eine automatische monatliche Zahlung vereinbaren.

Alle Wohnungen sind grundgereinigt und alle noetigen Reparaturen sind erledigt. Dafuer wurde die Kaution des Vormieters verwendet. Trotzdem solltet ihr alles ausprobieren. Gasherd und Gasofen muesst ihr fast immer selbst anschaffen. Den Gasofen kann ich, im wahrsten Sinne des Wortes, nur waermstens empfehlen! Auch in Tokyo wird es im Winter schon mal arschkalt, die beschissene Isolierung der meisten Buden tut ein uebriges. Heizen mit Gas ist deutlich billiger und effektiver als mit der Klimaanlage. Kleiner Tip: Oft riecht es tierisch nach Chemie, wenn man eine Wohnung besichtigt. In dem Fall solltet ihr auf jeden Fall den Makler fragen, ob „Tierchen“ hier ein Problem sind. Gleich vorweg: Kakerlaken gibt es in Tokyo ueberall, selbst in brandneuen Buden! Eigene Sauberkeit hilft sicher, diesen Faktor zu minimieren. Wenn ihr aber ueber einer Ramenbude wohnt, oder euer Nachbar es nicht ganz so genau nimmt mit der Sauberkeit, ist Vorsicht geboten. Immer darauf achten, das Fliegengitter dicht schliessen und die beliebten Ventilatoren in der Kueche bei Nichtgebrauch abdecken!


Auch fuers Ofuro (Bad) gilt: Vorher ausprobieren, ob der
fette Arsch auch problemlos hineinpasst.

Wer es gern ruhig hat und von seinen Nachbarn nichts mitbekommen will, sollte ein „woody Apato“ meiden und ein „Mansion“ (aus Beton) bevorzugen. Keine Angst, meistens werden euch die Makler direkt darauf hinweisen, bzw. euch nur Mansions zeigen, weil sie Angst haben, das IHR vielleicht zu laut fuer eure Nachbarn seit. Ich wohne in einer sehr ruhigen Gegend, fernab von Gleisen, Bahnuebergaengen (nerven mit ihrem „Bimbim“ bis 1 Uhr nachts und ab 5 Uhr morgens!), oder  Hauptverkehrsstrassen und habe mich deshalb fuer ein Holz-Apato in einem 10-Parteienhaus entschieden. Natuerlich fuer das Obergeschoss! Ab und zu hoert man mal Jemanden husten, oder in der Wanne singen und wenn meine Nachbarin mal wieder ein williges Opfer findet, auch mal ein paar Fickgeraeusche, aber haelt sich alles in Grenzen.  

Meistens darf man an an der Wohnung absolut nichts veraendern. Wenn einem also die Farbe der Tapete absolut nicht gefaellt, vorher mit dem Makler abklaeren. Naja, ist eh meistens alles weiss. Beim Bilder aufhaengen muesst ihr auch aufpassen. Naegel und Schrauben sind tabu! Es gibt extra Aufhaengesaetze, z.B. bei Ikea. Sieht eher aus wie Nadeln. Ist also nix mit Regale an die Wand duebeln, usw. Zur Not macht es einfach wie die Japaner und stapelt euer Zeug in allen verfuegbaren Ecken. Es gibt da so herrliche Plastikboxen......

Wenn dann in der Bude alles stimmt, kann man sich auch mal
so richtig verwoehnen lassen......


Kleiner Tip: Besonders seit dem letzten Beben, habe ich meine wichtigsten Dokumente alle griffbereit und eine Tasche mit dem Notwendigsten an Klamotten gepackt. Ein Muss ist auch ein Katastrophenset mit Taschenlampe, Radio, Wasser und ein paar Lebensmitteln, am besten griffguenstig in der Naehe der Eingangstuer gelagert.

Soviel dazu...... 

  1. Ok, japanische Wohnungen sind klein. Warum die Japaner ihre Hütten aber trotzdem immer mit soviel Krimskrams voll stopfen müssen ist mir ein Rätsel. Frauchen und ich haben für 10 Tage nun versucht Okasan (mit teilweise Erfolg) zu überzeugen, ein paar von ihren Sachen, welche seit Jahren in Schachteln ungebraucht dahinvegetieren zu entsorgen. Was nützt es wenn man auf dem Land wohnt, eine Haus mit 100 jo Grösse hat aber praktisch keinen Platz dank Unmengen von Unnötigen...ist nun wieder etwas besser (allerdings nur bis zum nächsten Besuch).

    In den meisten Wohnungen welche ich in Japan gesehen hab, türmen sich Unnütze Sachen in der Wohnung. Sind Japaner im Grunde alle Messies?
    PS: nicht nur zuhause, auch am Arbeitsplatz hat jeder Schreibtisch mindestens zwei bis drei Türme von Papier drauf...

    AntwortenLöschen
  2. @Felix
    Und ich dachte immer, das fällt nur mir auf! Danke, Mann!
    Ja, fast alle Japaner sind Messies. Wann immer ein Japaner meine Bude betritt, fragt er immer sofort, ob ich grad eingezogen bin. Wenn ich dann sage: "Nope, ich leb hier schon seit einem Jahr!", kommt immer sofort: "Du bist nicht oft zuhause, was?"

    AntwortenLöschen
  3. ...ja das mit den Messies ist mir auch aufgefallen. In dem Wissenschaftler-Wohnheim lebten manche Japaner bereits Jahre und die Bude (1 Zimmer) war absolut vollgestopft mit Manga's und DVD's, FastFood-Überbleibsel, Bierdosen und sonstigem Krempel.

    ...überhaupt führt mich das zu einem anderen Punkt, den ich bis heute nicht verstanden habe...da ist ein Wissenschaftlerwohnheim mit eigentlich umgänglichen Typen und einem netten Aufenthaltsraum mit TV, aber anstatt Abends zusammen zu hocken und ein paar Bier zu kippen und zu labern (die meisten konnten englisch) / TV zu schauen, geht quasi jeder in sein Zimmer und schaut alleine TV !? Ein australischer Kollege hat es auch nicht kapiert...sind die so scheu/unsozial oder was geht da im Kopf vor !?

    AntwortenLöschen
  4. Was mir seinerzeit in meiner japanischen Bude doch sehr entgegenkam, war daß alle Lampen schon drinne waren. Auch die obligatorischen Einbauschränke sind von Vorteil. Zumindest wenn Sie geschmacklich einigermassen hinkommen. 2 Buden hatte ich damals abgeleht weil dort dermassen die Siffe rausgekrochen kam daß... Naja, ihr wisst worauf ich hinauswill.

    AntwortenLöschen
  5. @Kuemmel
    Naja, kommt wohl auch immer auf die Situation an. Als unsozial wuerde ich die Japaner nicht bezeichnen. Da wird schon zusammengesessen und getrunken und geredet was das Zeugs haelt. Obwohl ich bei den ganzen Nomikais auch oft froh bin, wenn ich mal ganz relaxt allein in meiner Bude abhocken kann. Davon ab sind japanische Wissenschaftler wohl auch ein besonderes Volk....

    @Shigeru Takoyaki
    Das erste, was ich in meiner Bude rausgerissen habe, waren die aetzend hellen Neonroehren und 120 Watt-Weisslichtbirnen. So von dimmen und augenfreundlichem "bequemen" Licht haben die Japaner meistens noch nie was gehoert: Licht aus, oder volle Pulle an.
    Ich hab, ausser in der Kueche, nur noch LED's.

    AntwortenLöschen
  6. Jou, ich hab ja auch Lampen und nicht Leuchtmittel gesagt :P. Die hab ich auch alle rausgerupft und wie ein Aussenseiter gegen Stromsparlampen ersetzt (warmweiß!)
    Waren wahrscheinlich die einzigen in ganz Kohoku, die je verkauft wurden...

    AntwortenLöschen
  7. so eine kleine Toilette
    habe ich auch, solang du
    Duftsprays hast, ist alles
    in Ordnung ha-ha-ha

    AntwortenLöschen
  8. @Shigeru Takoyaki
    Naja, in die Fassungen fuer Neonroehren passen nun mal keine LEDs,
    also musste der Rotz weg. Von Neonlicht bekomme ich schlechte Laune. Im Buero ist das ok, aber zuhause will ich auch mal entspannen.

    @YY
    Naja, zur Not reicht es ja auch, das Fenster aufzumachen. Wenn dann eins da ist. Es hilft auch, wenn man allein wohnt....

    Hey, du liest gern Kafka? Damit hast du schon mal etliche Pluspunkte bei mir!

    AntwortenLöschen
  9. verehrter Coolio,
    ja ich lese Kafka, aber nicht
    seine "typischen" Werke,
    naja was ist schon typisch?
    ich lese gern Biographisches
    seinerseits, ich find das
    viel interessanter und du?

    seit wann wohnst du in Japan
    und wie kam es dazu?
    da deine Sprache vermuten
    lässt, dass du lange in Deutschland gelebt hast :)
    ich werde Weihnachten nach Japan
    fliegen, kann es kaum erwarten!

    AntwortenLöschen
  10. @YY
    Naja, ich hab praktisch alles von ihm gelesen: Romane, Biographien, seine Briefe. Wobei mich seine Biographie deutlich mehr fasziniert hat als seine Romane. Ich habe mich immer gefragt, wie er wohl die Ideen fuer seine Buecher bekommt. Nun, da Kafka nun wirklich nix fuer die Badewanne, oder fuer einen schnellen Lesesnack in der Bahn ist, lese ich auch mit Begeisterung Haruki Murakami. Ansonsten viele Sachbuecher und Reiseberichte, usw.

    AntwortenLöschen
  11. Tja, Wohnungen in Japanesien.

    Wir haben "Glueck" - das aber auch bezahlt werden muss.

    Beton-Apartment-Gebaeude, 3. Etage, aussen liegende Wohnung, Fenster auf Nord-, Sued- und Ostseite, 2 LDK - wie es in Japan so schoen heisst mit rund 60 quadratischen Metern - Yen 65.000 pro Monat Kaltmiete. Naja, ist ja auch "inaka" .....!

    Zumindest haben wir auch einen Aufzug, der bis auf den Umzug vor 10 Jaehrchen so gut wie nie genutzt wird - dennoch praktisch, wenn Biker-Freunde auf einer Weltumrundung mit ihrne gesamten Sachen anruecken.

    AntwortenLöschen
  12. @Klaus
    Naja, 6.5man fuer 60qm ist eigentlich ok. Ich zahle fuer meine ca. 30qm 8man. Und damit habe ich noch "Glueck gehabt". 10man oder mehr sind durchaus normal in meinem Viertel. Btw, das orange Biest ist wieder zurueck bei "Herrchen"....

    @YY
    Sorry, habe ich doch glatt deine Fragen uebersehen. Ich lebe seit knapp 6 Jahren hier und "hergetrieben" hat mich die Liebe. Diese ist zwar mittlerweile vergangen, trotzdem werde ich wohl fuer immer hier bleiben.

    AntwortenLöschen
  13. Coolio,

    "oranges Biest" ...
    ... ist das:
    a. deine Nachbarin
    b. dein Motorraedle
    c. deine neue Freundin
    d. deine Ex oder
    e. etwas, was ich nicht mitbekommen habe?

    Na, evtl. koennten es noch die guten "mikans" aus Ehime sein?!?!?*_*

    AntwortenLöschen