Wie versprochen,
werden wir uns heute mal mit den Verdienstmoeglichkeiten in Tokyo befassen. Ich
rede nur von Tokyo, weil ich nunmal hier lebe. Bei den meisten Loehnen und
Gehaeltern auf dem Land, kann man sicher gute 30-50% abziehen, kommt aber
trotzdem besser ueber die Runden, als mit dem hohen Gehalt in Tokyo. Grund sind
die extrem hohen Mieten und Frischlebensmittelpreise in der Metropole.
Fangen wir mal
ganz unten an. Und mit ganz unten meine ich auch ganz unten. Ich selbst habe
fuer mehrere Monate zu laecherlichen Loehnen gearbeitet, weil mir Zuhause die
Decke auf den Kopf gefallen ist. Eine weit verbreitete Zahl ist die 1000. Yep,
fuer die meisten Hilfsarbeiten gibt es 1000 Yen die Stunde. Natuerlich vor Steuern.
Und natuerlich gilt das fuer Japaner. Fuer die ach so beliebten ungebildeten
Auslaender wird meistens weniger gezahlt, so um die 900 rum. Hoert sich doch
gut an, 900 Yen fuers Kellnern? Nicht vergessen: In Japan gibt es kein
Trinkgeld! Mit so einem Stundenlohn kann man, ordentlich Ueberstunden
vorausgesetzt, sagen wir mal, 150.000 Yen im Monat verdienen. Damit macht man
in Tokyo keine grossen Spruenge. Klar gibts es Buden fuer schon fuer 20.000 Yen/Monat,
aber als durchschnittlicher Mitteleuropaer muss man da schon sehr viel Liebe
fuers Land mitbringen und mit gigantischen Einbussen an Lebensqualitaet
zurechtkommen. Die Japaner sind da haerter im nehmen.
Yep, der hier ist sicher auch "hart im nehmen"..... |
Die meisten
Auslaender, die nicht als Expats in Topjobs arbeiten, ducksen sich mit
unterdurchschnittlichen Gehaeltern durchs Leben. Oft muss da die japanische
Ehefrau als Hauptverdiener herhalten. Als Ingenieur kann man in anderen
Laendern sicher mindestens das Doppelte verdienen. Von den Arbeitszeiten in
japanischen Firmen brauche ich wohl nicht erst anzufangen. Gut, das ich in
einer deutschen UND deutsch gefuehrten Firma untergekommen bin. Trotzdem, meine
japanischen Kollegen in mittleren Positionen haben gehaltsmaessig nix zu
lachen. Eine Sekretaerin in mittlerer Laufbahn wird wohl so um die 250.000 Yen
verdienen, ein Sales oder Techniker in mittlerer Position so um die 300.000
Yen. Dazu kommen im Sommer 2 Grundgehaelter Sommerbonus und am Jahresende je
nach Auftragslage einen Winterbonus, der aber mindestens aus 2 Monatsgehaeltern
besteht, meistens kommen so um die 4 Monatsgehaelter rum. Alles vor Steuern
natuerlich. Klar, die Arbeitszeiten sind natuerlich laenger als in Deutschland,
aber dafuer wird stur uneffektiv gearbeitet und kaputt macht sich dabei keiner.
Warum sich dann so viele Japaner vor den naechsten Zug werfen? Nun ja, man
kann, wenn man 200.000 Yen im Monat verdient, nicht Kredite aufnehmen, die
300.000 Yen im Monat kosten.......
Kuso! Wieder die Lousy Vuitton fuer die Alte verspielt! |
Fleissige
Verkaeufer und sonstige Schleimer koennen sich manchmal ueber einen Teambonus
freuen, der alles sein kann zwischen 20.000 und ueber einer Millionen Yen.
Hoert sich doch gut an? Nicht, wenn man sich die Miet- und Lebensmittelpreise
aus meinem letzten Beitrag vor Augen haelt und daran denkt, das Zahnersatz hier
mit 0.0 bezuschusst wird, man Operationen und auch die Geburt eines Kindes! erstmal
selber bezahlen muss, bevor die Krankenkasse einen Teil (so zwischen 50-75%)
zurueckerstattet und man auch fuer oeffentliche Schulen ordentlich Schulgeld
bezahlen muss. Von privaten Schulen, Nachhilfeschulen (in die hier praktisch
jedes Kind geht!) und Universitaeten will ich erst garnicht anfangen.
Wie eine
stinknormale japanische Familie trotzdem ueber die Runden kommt? Oft arbeitet
Mama mit. Ist ja kein Problem, fuer jedes Kind gibt es theoretisch einen Kinderhortplatz.
Natuerlich nicht umsonst! Oft beteiligen sich auch Schwiegereltern und
Grosseltern an der Familienfinanzierung und ab 16 gehen viele Jugendliche neben
ihrem eh schon langen Schulalltag noch nebenbei arbeiten (Arubaito). Fuer
Studenten aus Familien mit mittleren Einkommen ist Arubaito schon praktisch
Pflicht. Manche Firmen (so wie meine auch) bezuschussen Mietwohnung oder
Wohneigentum fuer Familien mit 20.000, bzw. 25.000 Yen. Der oeffentliche
Nahverkehr ist billig und eine Monatskarte fuer die Fahrt zur Arbeit ist bei
den meisten Firmen obligatorisch. Diese kann man auch fuer private Fahrten
nutzen. Autos (japanische zumindest) sind deutlich guenstiger als in
Deutschland und der Sprit ist auch billiger. Unterhaltskosten? Naja, Steuern
und Versicherung sind relativ guenstig und Fahren tut man ja eh kaum, ausser
mal am Wochenende. Strom, Gas und Wasser sind (noch....) deutlich guenstiger
als in Deutschland. Deshalb wird mit allem auch ziemlich ruecksichtslos
umgegangen.
Gespart wird auch
bei der Wohnungseinrichtung. Die meisten japanischen Wohnungen und Haueser sind
spaerlich moebliert. Oft werden Moebelstuecke von Eltern uebernommen, bzw.
billigst bei Nitori oder Ikea eingekauft. Teure Betten gibts oft nicht (Futon)
und die meisten Kinder haben kein eigenes Zimmer, sondern pennen zusammen in
einem Raum. Leer sind diese Buden deshalb aber trotzdem nicht, da mangels
Keller oder Abstellraeumen, alles in irgendwelchen Plastikkisten gehortet, oder
einfach gestapelt, in alle verfuegbaren Ecken gestellt wird. Teure Lampen sucht
man meistens auch vergeblich, einfache Konstruktionen mit ekelhaft hellen Neonroehren
werden bevorzugt in jedem Raum aufgehangen.
Basis war hier
der „ganz normale“ Angestellte. Erstaunlicherweise haben die meisten meiner
Kollegen, auch die Sekretaerinnen oder einfache Sales, einen Universitaetsabschluss.
Trotzdem moechte ich auch den Bildungsgrad als mittelmaessig einstufen und
keinesfalls mit z.B. einem deutschen Diplomabschluss vergleichen. Das normale
Taetigkeitsfeld eines Angestellten mit Uniabschluss in Japan, duerfte dem eines
Angestellten mit abgeschlossener Lehre in Deutschland gleichen, nur das der
Angestellte in Deutschland auch mal selbst etwas entscheiden darf.....
Soviel
dazu.......
...bzgl. den Stromkosten für die Mietwohnung hatte mir mein Kollege eher was erzählt, was die Japaner eigentlich zu weniger Verbrauch animieren sollte (zugegeben war ich 2 Monate in einem Gästehaus und habe die Stromrechnung nicht gesehen):
AntwortenLöschenMan kauft angeblich erstmal die Anschlußkapazität von 1, 2 oder eben x Kilowatt und dann bezahlt man davon abhängig wieder die Einheiten. Das ganze ist nicht linear und man wird für einen 'großen' Anschluß/Verbrauch 'bestraft'. Gibt's das nicht mehr !? Schien mir sinnvoll...dann kommt keiner in Versuchung sich 5 Kühlschränke anzuschaffen ;-)
ROFLMAO wo kriegst du bloß immer deine Fotos her..?
AntwortenLöschen@Kuemmel
AntwortenLöschenIch kenne es nur so (Haus und Mietwohnung), das jeden Monat exakt das bezahlt wird, was du auch verbraucht hast. Es kommt jeden Monat eine exakt aufgeschlüsselte Rechnung ins Haus. Und das ist auch gut so. Keine Voraus- oder Nachzahlung. Kann aber sein, das es vor etlichen Jahren mal so war, wie dein Kollege berichtet hat.
Vor ein paar Tagen lief hier im Fernsehen ein kleiner Bericht über japanische Touristen in Berlin. Diese Touristen besuchen in Berlin sämtliche Superlative wie das "Meist besuchteste Museum"(Pergamon/Jüdisches)und den "Meist besuchtesten Platz" (Pariser Platz/Brandenburger Tor)und wundern sich bei ihren Stadttouren über die Berliner, die in ihren Augen ärmlich gekleidet durch die Walachei rennen.
AntwortenLöschenEine Japanerin, die in Berlin lebt, sagte dazu, dass Japaner (vor allem natürlich - wie immer - die Frauen) sehr viel Geld für Kleidung, Schmuck, Accessoires und Make-up ausgeben und da die Berliner(-Innen) dieses eben nicht tun, scheinen sie auch nicht viel Geld zur Verfügung zu haben.
So die Denke der Japaner (-Innen).
Das Konzept des Kapitalismus, heißt: Konsum, Konsum, nicht Nachdenken, Konsum - ist in Japan voll aufgegangen.
Brot und Spiele; das braucht das Volk!
Dagegen ist D ja regelrecht harmlos!
Hier kann man sich - dank staatlicher Hilfe, KIK und jeder Menge Sozialarbeiter - ein halbwegs(!!!!) vernünftiges Leben "leisten".
Einem Kind aus einer Familie mit weniger Geld (sogenannte bildungsferne Schichten, Hartz 13, Migrationshintergrund - Unterschicht darf man ja nicht mehr sagen!) sieht man nicht an, dass es arm ist.
Wie machen die Tokyoter das nur? Woran wird gespart? Wie finanziert man Bildung der Kinder, Freizeit, Gesundheit?
Manchmal denke ich, außer unpünktlich fahrenden Zügen ist D gar nicht mal sooooo übel...
@Woody
AntwortenLöschenJa genau. Und wenn du dann trotz allem Kapitalismus und dummen Konsumenten hier in Tokyo, deine wunderschöne Heimatstadt verlässt, um eben dieses Tokyo zu besuchen, wirst du feststellen, das es hier in der Hauptstadt des Landes nicht nur pünktliche Züge gibt. Nein, ich verspreche dir sogar, das du hier überall freundlich empfangen wirst, es überall sauber ist und kein Dreck in den Strassen liegt, dich niemand anbettelt oder anpöbelt, du vollkommen gefahrlos eines der grössten öffentlichen Verkehrsnetze der Welt benutzen kannst, keine Injektionsnadeln oder fickende Junkies auf Kinderpielplätzen findest, keine Asighettos siehst, nicht von arbeitslosen Säufern belästigt wirst, kaum Grafitti siehst und selbst mitten in der Nacht durch jedes Stadtviertel spazieren kannst, ohne danach mit 3 Messern im Rücken im Krankenhaus aufzuwachen. Und das alles, obwohl diese Stadt locker 10 mal so viele Einwohner hat, wie deine herrliche Heimatstadt........
Okay, dass die Mitarbeiter bei Mediamarkt/im Restaurant/am Bahnschalter/im Kaufhaus entweder das Weite suchen oder gerade für diese Abteilung nicht zuständig sind oder mit zwei anderen Kunden/Mitarbeitern disskutieren ansatt mich willkommen zu heißen, kann ich gerade noch verkraften.
AntwortenLöschenDass zwei Wochen nach Silvester immernoch die Gefahr besteht, dass Hund/Kind einen nicht ganz abgebrannten Knaller abbekommen, geht auch noch.
Dass in manchen Bezirken dieser Stadt Unmengen an Glasscherben, Müll und Hundekot auf den Bürgersteigen zu finden ist, mag man ja auch noch wegstecken.
Aber der Gedanke, gefahrlos durch eine Mega-Metropole laufen zu können, auch als Frau, ist schon
verlockend! Gebe ich zu!
Ebenso verlockend ist es, von einem Gehalt nicht leben zu können.
Toll ist es, sich eine bezahlbare Wohnung in einer schönen Umgebung nicht leisten zu können.
Super finde ich es, wenn man im Supermarkt genau überlegen muss, wieviel Obst und Gemüse man denn nun bezahlen kann.
Und besonders schön finde ich den Gedanken, dass man sich eines Tages im Spiegel ansieht, lächelt und kaum noch Zähne zu sehen sind.
Toll ist es auch, den Kindern sagen zu müssen, das große Geburtstagsgeschenke nicht drin sind und dieses Jahr vermutlich auch der Urlaub nicht finanzierbar ist.
Oder wieviel Lust muss es einem bereiten, durch Möbelgeschäfte zu gehen, oder zuhause in Prospekten zu blättern und genau zu wissen, dass man sich die Sachen sowieso nicht leisten kann.
Nett finde ich es auch, wenn man sich nicht mal mehr ein richtig günstiges Auto leisten kann, um die allseits gewünschte Flexibilität an den Tag zu legen.
Volle Bahnen und Busse zur Hauptverkehrszeit, Wälder für jedermann zugänglich, Kitaplätze - theoretisch und manchmal sogar praktisch kostenlos oder günstig, geregelte Arbeitszeiten, Urlaubsanspruch, Lohnfortzahlung im Krankheitsfall.
So mein Schatz, über welches Land habe ich gerade gesprochen?
Ich habe nicht Japan angegriffen, ich würde aber auch nie D vollkommen verteufeln!
Kein Land dieser Welt bietet die idealen Lebensbedingungen!
Man muss sich wohl oder übel mit einigem arrangieren. Wem´s nicht gefällt oder wem anderes wichtiger ist, sucht sich ein anderes Land zum Leben aus.
Das ist doch okay.
Aber das perfekte Land gibt es nicht. Leider!
@Woody
AntwortenLöschenNaja, im Grunde ist es doch in allen Laendern der Welt gleich: Jeder will doch nur sein bisschen Glueck und Zufriedenheit. Was Glueck und Zufriedenheit bedeutet, ist nun mal von Mensch zu Mensch und Kultur zu Kultur verschieden. Richtig schlecht geht es wohl weder den Einwohnern von Deutschland, noch denen von Japan. Wenigstens da sind wir uns doch einig, oder?
Yep, da stimme ich Dir uneingeschraenkt zu, Baby. Wie waere es mit der Erschaffung eines eigenen Staates? Eine einsame Insel, ein Boot, von dessen Existenz wir nichts wissen... Und nur nette Menschen haben zutritt! Hach, Traeumen wird ja noch erlaubt sein...
AntwortenLöschensind die Gehälter wirklich so grauselig, insbs. bei Absolventen? Und wie ist das eigentlich mit Aufstiegschancen? Natürlich ist das schwer zu vergleichen mit DE, und mir ist schon klar, daß Coolio sowieso der absolute Hecht ist und deswegen egal wo auf der Welt alle Qualitäten eines Chefs mitbringt, aber ernsthaft, ist es realistisch möglich Karriere zu machen bei einer japanischen Firma?
AntwortenLöschenHm, ich habe da als Rückkehrer vielleicht den aktuellsten Einblick.
AntwortenLöschenAlso nach allen Abzügen (aber nicht kaufkraftbereinigt!) habe ich jetzt hier in D locker das Doppelte, eher mehr. Auch beruflich deutlich mehr zu melden.
Und ich friere mir in der Wohnung den A**** nicht mehr ab, dafür aber draußen.
Ob dieser Umstand das Assipack auf den Strassen, daß mir potentiell tagtäglich an den Kragen will oder die qualitativ schlechteren Lebensmittel das Aufwiegen kann - ich weiß es nicht.
Wenn man die Kollegen fragt, ob sie dieses und jenes denn nicht auch schrecklich stört, haben die meisten keine Ahnung wovon ich spreche, schließlich war das ja schon immer so...
Wie drückte Kühl-O das immer so schön aus? Solche wie wir sind nirgendwo zufrieden. Den Versuch mit der Insel würde ich trotzdem noch probieren.
@Anonym & Shigeral Takoyaki
AntwortenLöschenAntwort waere hier zu lang, deshalb:
http://samurai-biker.blogspot.com/2011/10/ey-japan-was-geht-teil-4-update.html
So ein eigener Staat wär schon was feines.
AntwortenLöschenIch habe neulich einen Bericht gelesen, dass so ein Millionär in ein Projekt investieren will, in dem es um auf dem Meer schwimmende Staaten gehen soll. Damit sollen Menschen wirklich die Möglichkeit haben, in kleineren Gruppen Staatsformen zu erschaffen. Alles als eigenständige und selbstversorgende Systeme.
Aber mir würde ein Leben als selbstversorgender Bauer unabhängig vom Staat auch schon reichen.
@Tobey
AntwortenLöschenDa war doch mal was:
http://de.wikipedia.org/wiki/Sealand
Coole Story und gibt Tonnen von
Material im Netz.
Hier noch ein schoener Artikel zum Thema:
AntwortenLöschenhttp://www.sueddeutsche.de/karriere/ein-japaner-in-deutschland-zum-ersten-mal-zweieinhalb-wochen-am-stueck-frei-1.1167437