Der ganz normale alltaegliche Wahnsinn.....

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Leider ist es nicht immer so einfach wie auf der Autobahn, wo einem nach dem Auffahren in die falsche Richtung erstmal riesige Warnschilder entgegenkommen und dann je nach Zeitpunkt eine ordentliche Anzahl garantiert wuetender Mitbuerger. Meistens kommt es dann zu einer ganz erheblichen Kollosion mit ganz erheblichen Folgen fuer alle Teilnehmenden.

Wer in Japan „gegen den Strom“ anschwimmt, hat es da meistens nicht so eindeutig oder gar entgueltig. Das gilt zum Einen natuerlich fuer Japaner selbst, aber das soll hier nicht Thema sein, sondern natuerlich auch fuer die Gaijin, pardon: Gaikokujin.

Fuer mich, der sich zurecht als Gaijin bezeichnen darf, faengt dieses Schwimmen gegen die Stroemung schon morgens um 7 an. Da quaele ich mich naemlich aus dem Bett. Was daran so ungewoehnlich ist? Ich stehe zeitig auf. Zeitig genug um in Ruhe eine Kleinigkeit zu essen, mich vernuenftig zu waschen (inkl. Zaehneputzen!) und vernuenftig anzukleiden, bevor ich das Haus verlasse. Die Kollegen die ich spaeter im Zug treffe und mit denen ich praktisch Kopf an Kopf zur Arbeit fahre, nehmen es da mit der Koerperpflege manchmal nicht so genau. Oft sieht man in offenen Muendern noch Speisereste auf den Zaehnen und wenn man sie nicht sieht, riecht man sie recht deutlich. Ist es wirklich so schwierig sich 3 Minuten freizumachen und sich ordentlich die Kauleiste zu putzen? Haare (falls noch in ausreichender Zahl vorhanden) und Klamotten sind mir fast wurscht, aber die Fresse muss einfach sauber sein.

Weiter geht es dann nach dem Aussteigen. Obwohl selbst fuer Blinde deutlich gekennzeichnet, gelingt es der uebereiligen Mehrheit der Japaner einfach nicht, sich fuer die richtige Laufrichtung zu entscheiden. Eigentlich allgemein gueltige Regel: Die Richtung, in die fast alle laufen, muss eigentlich die Richtige sein. Aber nein, es gibt jeden Morgen Idioten, ja Idioten, weil zu 99% maennlich, die glauben sich auf der falschen Seite durch die Massen draengen zu muessen. Meistens gelingt ihnen das auch, weil die meisten Japaner A: Einen eingebauten Kollisionsradar haben, oder B: Durch jahrelanges Bueroabhocken so biegsame, muskellose Koerper haben, das sie bei einer Kollision wie eingeoelte Pimmel in einem Schwulenporno, einfach aneinander vorbeigleiten. Bis sie dann auf mich treffen.

2. Eigentlich allgemein gueltige Regel: Der groessere, breitere hat Vorfahrt. Was auf Tokyos Strassen gilt, scheint noch nicht ins kollektive Fussgaengerbewusstsein vorgedrungen zu sein. Wenn ich auf der richtigen Seite in der richtigen Richtung unterwegs bin, mache ich keinen Platz. Ausser fuer Frauen, kleine Kinder, Alte und Mongos (uups, war das jetzt politisch unkorrekt?). Alle Anderen werden gnadenlos umgenietet. Nach knapp 5 Jahren Erfahrung kann ich die Opponenten, ganz wie ein erfahrener Waldarbeiter, genau in die Richtung faellen in die ich sie haben will. Also mitten in die Menge. Ich hab mal gehoert das sowas nur in Tokyo vorkommt, weil hier die Leute so kalt und herzlos sind. Alles Bloedsinn! In Osaka, der Stadt mit den „herzlichsten Menschen Japans“ wird man genauso mies angerempelt, nur das einem die ueberaus mitteilungsfreundlichen Osakajin dann noch ein gepflegtes „Bakkayaro!“ (Arschloch!) hinterherrufen, aber natuerlich nur sobald sie ausserhalb meines Returnwatschenradius sind.....

Schon leicht angepisst im Buero angekommen, geht der lustige Reigen weiter. Da ich meinen Muell jeden Abend in dem an meinem Arbeitsplatz extra fuer diesen Zweck abgestellten Gefaess entsorge, und nicht wie meine Kollegen auf/unter/hinter dem Schreibtisch stapele, oder lustige Figuren daraus baue, habe ich wieder einen Hinweiszettel des Reinigungsteams auf dem Tisch liegen: Ihr Muelleimer war zu voll. Toll! Und? Oft kann ich mir Duemmliche Kommentare von meinem Buchou anhoeren, das ich wohl nicht viel arbeiten wuerde, weil mein Schreibtisch so leer ist! Na klar, du Affe! Und jetzt hock dich wieder an deinen Schreibtisch. Ja, hocken! Denn da er seine Akten so unter dem Schreibtisch gestapelt hat, das er seine Fuesse nirgendswo mehr untergebracht bekommt, hockt er den ganzen Tag im Schneidersitz auf seinem Buerostuhl! Der soll eine Abteilung mit 10 Leuten „managen“, kriegt aber noch nicht einmal seinen Schreibtisch in den Griff und hockt den ganzen Tag da wie ein Affe.

Fuer den naechsten Akt muss ich weiter ausholen. Unser Buerogebaeude gehoert einer bestimmten Holdinggruppe zu der auch das Konbini im Erdgeschoss gehoert. Unter anderem beliefert exakt diese Holdinggruppe auch noch unseren Getraenkeautomat. Ich hole mir jeden Morgen im Konbini eine Cola Zero, weil es in unserem Automat keine Cola gibt. Koennt ihr mir bis hierher folgen? Also, direkt neben dem Getraenkeautomat steht ein Sammelcontainer fuer Dosen und PET-Pullen, der von derselben Holdinggruppe geleert wird, die unter anderem auch den Muell vom Konbini abholt, der das Konbini gehoert und auch unser Hochhaus. In diesen Sammelcontainer werfe ich jeden Abend meine leere Colapulle. Soweit klar?

Eines schoenen Morgens, als ob der Gestank in der Bahn nicht schon genug gewesen waere, steht eine leere Colapulle auf meinem Schreibtisch, zusammen mit dem schriftlichen Hinweis, das ich die Colapulle doch bitte dorthin bringen moege, wo ich sie gekauft habe, da sie im Sammelcontainer „markenfremd“ waere. Ja spinnen die denn alle? Der Container wird von denselben Leuten geleert, die den Muell aus dem Konbini abholen in der ich die Pulle gekauft habe und dann zusammen mit diesem in den LKW geschmissen! Alle meine Einwaende brachten nix und Ignorieren meinerseits wurde mit einer leeren Colapulle auf meinem Schreibtisch belohnt. Ist das nicht irre? Jetzt wickel ich die Pulle immer in die unvermeidlichen Tueten die man im Konbini zu jedem Einkauf dazubekommt und schmeisse sie in den Muelleimer an meinem Platz. Resultat: Ein Zettel mit dem Hinweis das mein Muelleimer zu voll war.........Uaaaaahhhhhhhrrrg!!!!

Fortsetzung folgt.........

  1. Sachen gibts, die gibts nur in Japan... Beschwerde über zu volle Mülleimer zum Beispiel.

    Man, ich liebe Japan xD
    Und genauso liebe ich deinen wunderbar erheiternden Schreibstil :-)

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  2. Mülleimer zu voll? Also den kauf dir nicht ab ;-) der muss ja überquollen haben.. ich meine.. da war doch sicher noch ein defekter Auspuff drin, nicht? Halbes Motorrad oder so.. Super Geschichte auf jeden Fall, hab mich köstlich amüsiert.. :-)

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  3. Hey, ihr köstlich Amüsierten! Ist euch schonmal der Gedanke gekommen daß der Quark echt und für uns alltäglich ist?
    Übrigens, mein Lieblingsfilm: Falling Down ;)

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  4. Es gibt halt schon Gründe warum ich mit Frauchen in der schönen Schweiz wohne und nicht in Japan.. allerdings, irgendwie reizen würde mich ein Umzug ab und zu schon.. Dank euch verwerfe ich diesen Gedanken aber meist schnell wieder ;-)

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  5. @Felix
    Ach ja, die Schweiz....
    Irgendwann ziehe ich auch dahin, zu meinem Geld. Muss ich mir dann eigentlich eine MG-Lafette auf meinen getunten Hummer bauen, oder gibt's dieses Gesetz nicht mehr?

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  6. MG-Lafette (inkl. MG) wird nicht das Problem sein.. aber einen getunten Hummer.. da wirst du Probleme bekommen. Wir lassen doch nicht jede Abart zu.. ts ts ts

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  7. a) Ja, ich denke Mongos ist unkorrekt, aber nach der bildhaften Beschreibung einer Kollision (B-Variante) war man mental ja auf alles vorbereitet. ;)

    b) „Bakkayaro!“ -> Wieder was gelernt. Den Kram von der VHS kann man in der Praxis eh nicht gebrauchen. Danke

    c) Woher wissen "die" denn das es deine Flasche war? Überwachungskamera? DNA-Analyse? Also die puhlen das Teil raus, finden den 'Verursacher' und stellen es dann auf den Tisch (mit einem pösen, pösen Brief)?! Junge, Junge, eure Probleme möchte ich haben ... :)

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  8. "Wie eingeoelte Pimmel in einem Schwulenporno"
    Hahaha, brilliant!

    "Oft kann ich mir Duemmliche Kommentare von meinem Buchou anhoeren..."
    Und gut zu wissen, dass ich mit meinem Hass auf meine Kollegen und Vorgesetzten (jichou, buchou) nicht der einzige bin (arbeite als Ingenieur in Chiba)...

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  9. @Oliver
    Ich hab mal eine Pulle in den offenen Container geworfen, als die Abholer schon auf dem Weg zum Aufzug waren. Und da ich hier unter 200 Japanern der einzige Deutsche bin, der nicht "auf Wolke 7" im Director's board hockt, war es wohl ziemlich einfach mich ausfindig zu machen.

    @Rob
    Herzlich willkommen in der Ing.-Hoelle! He, damit waeren wir schon 3 (ich und BigAl arbeiten auch als Ing.)

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