02.47 Uhr. Langsam werden die Ziffern auf der Uhr deutlicher. Ich höre sie ticken. Warum? Es ist eine Digitaluhr. Ich habe einen eigenartigen Geschmack im Mund. So, als wenn man süßen Alkohol trinkt und dabei eine rohe Zwiebel isst.
Es war nur ein Traum, Junge .....
Wer sagt das? Wieso Traum? Ich bin doch wach, oder?
Oder!
Ich spule durch meinen Traum, wie durch einen Leihporno. Brrrrrizzzz: "Nein Mama! Du kannst kein Auto fahren! Du bist blind!" "Keine Angst mein Junge. Sag mir einfach nur wo ich lang muss." Links, rechts, links, rechts. Ganz einfach. Das Auto ist rot. Ein rotes Cabrio mit weißen Ledersitzen. Auf den Ledersitzen sind weiße Lederknöpfe. Brrrrrrizzz: "Turnschuhe für 200 Mark, was? Wieviel machen sie dafür freiwillig?" Brrrrrrizzzzz: "Morgen bringst du 5 Mark mit, oder du bekommst was in die Fresse. Wenn du mich verpfeifst, mache ich dich platt. Bei der Ehre meiner Mutter!" Brrrrrrizzzz: Ich kann ganz genau die Wellen sehen, wie sie auf die Felsen aufschlagen. Die Gischt kommt fast bis hier oben. Salznebel schwebt durch die Luft. Ich kann nicht mehr weiterspulen. Verdammt! Immer derselbe Traum! Immer wieder schlägt die Brandung an die Steilküste.
Von irgendwo her ertönt ein Weihnachtslied: "I'm dreaming of a white christmas." Wo ist der Schnee? Mir ist heiß. Vor mir bückt sich eine Frau ohne Gesicht. Sie hat lange schwarze Haare und hält sich am Geländer fest, das an der Steilküste grenzt. Ich stoße immer wieder fest zu. Sie schreit wie von Sinnen. Nein, ich schreie wie von Sinnen. Sie raucht einen Joint. Ich habe Angst, das ich sie durch das Geländer stoße. Es gibt immer mehr nach. Ich lecke das Salz von ihren Schultern. Seltsam anteilslos lässt sie alles über sich ergehen. Ich stosse immer brutaler zu. Sie raucht weiter. Brrrrizzzzz: "Was fällt dir ein, mich in den Arm zu nehmen? Dafür ist es jetzt zu spät! Geh weg!" Sie stößt mich von sich. Vor all meinen Klassenkameraden.
Brrrrizzzz: Ich fahre ueber die Schafsbrücke, biege links in den Waldweg ein. Mein Fahrrad müht sich durch den Schlamm. Vom Weg aus kann man den Bunker kaum sehen. Verdammt, wo ist der Eingang? Alles voller Blätter. Ist es Herbst? Oder Winter? Ich weiss es nicht. Ich habe einen Schlafanzug an. Da ist das Loch. Ich schmeisse mein Fahrrad ins Laub, decke es ein wenig ab und krieche auf allen Vieren in den Bunker. Es riecht nach Schnaps und kaltem Rauch. Hoffentlich ist der Penner nicht da. Langsam gewöhnen sich meine Augen an die Dunkelheit. Ich sehe das zweite Loch. Es liegt in einer Linie mit dem Eingangsloch. Wahrscheinlich ein Volltreffer. Ich winde mich an rostigen Eisenstangen vorbei durch das Loch. Die Wand ist verdammt dick, bestimmt 2 Meter. Ha, hier kommt sonst keiner durch!
Der Raum ist stockdunkel, aber noch lasse ich meine Lampe aus. Ich brauche das Licht später vielleicht dringender. Ich kenne den Weg auch mit geschlossenen Augen. Da ist die Bodenklappe. Sie ist schwer, aber ich bekomme sie auf. Wie immer. Die Erde, mit der ich die Klappe abgedeckt habe, rutscht zur Seite. Ein fauliger Geruch schlägt mir entgegen, ich höre das Tropfen von Wasser. Langsam steige ich die Leiter hinunter. Es geht ca. 30 Meter nach unten, dann komme ich an eine Stelle, wo ein Raum in sich zusammengefallen ist. Vielleicht durch eine Explosion? Es riecht nach feuchter Erde. Hier wird es wirklich eng. Ich muss mich durch die Reste vom Drahtgitter, das einmal in den Beton eingegossen war, Zentimeter für Zentimeter durchtasten. Ich habe Angst. Wenn jetzt der Rest des Raumes auch noch einstürzt, bin ich sowas von tot. Spitzer Draht schneidet mir durch den Schlafanzug ins Fleisch. Das gibt Zoff mit Oma und im Schwimmunterricht wird mich der Lehrer wieder zur Seite nehmen und blöde Fragen stellen. Egal. Ich muss jetzt hier durch. Ich schalte die Stirnlampe an. Ein tolles Gimmick aus der letzten Yps. Ersatzbirne und Batterien habe ich mit Tesa an den Kopfgurt geklebt.
Durch das Drahtgeflecht bin ich hindurch, jetzt türmt sich ein Schuttberg vor mir auf. Bis hierhin war ich schon vorher. Mitten im Schutt finde ich eine Gasmaske. Sie sieht seltsam neu und bedrohlich aus. Stein um Stein hebe ich aus dem engen Tunnel. Manche sind ganz schön schwer. Endlich sehe ich einen grünlichen Schimmer. Ich schalte die Lampe aus. Die letzten Steine stosse ich nach vorn aus dem Tunnel. Mit einem dumpfen Geräusch schlagen sie auf. Ich klettere aus dem Loch und hangele mich nach unten auf den Boden. Durch irgendwelche Rohre fällt ein wenig Licht in den Raum. Ich stehe in einer riesigen Halle. Nein, in einem riesigen Tunnel. Das Licht der Yps-Stirnlampe reicht nicht, um die Enden auszuleuchten. Das Licht verliert sich in der Weite. Endlos.
In der Mitte des Tunnels fliesst ein ca. 10 Meter breiter Kanal. Das Wasser schimmert grünlich und bewegt sich kaum merklich. An beiden Seiten des Kanals sind ca. 2 Meter breite, gepflasterte Wege. Unmöglich auf die andere Seite zu kommen. Alles sieht seltsam sauber aus. An der Decke kann ich total verrostete Lampen und andere Gerätschaften erkennen, von denen Kabel nach unten weg zu kleinen, verrosteten Schaltschränken fuehren. Unheimlich still ist es hier. Ich oeffne einen der Schaltschränke. Nichts drin. Ein paar Kabelenden hängen herein. Ich markiere meinen Einstieg mit weisser Kreide. Wo hab ich die bloss plötzlich weg? Mein Schlafanzug hat keine Taschen. Egal. Ich setze mich in Bewegung. So leise wie möglich laufe ich den Tunnel hinunter. Hinunter? Naja, in die Richtung, in die das Wasser fliesst. Ich bin ungefähr 15 Minuten gelaufen, muss also ungefähr einen Kilometer zurückgelegt haben. Nichts hat sich verändert. Was zur Hölle macht so ein langer Tunnel hier unter der Erde? Sieht aus wie ein Kanal für Schiffe. Das Wasser sieht bedrohlich tief aus. Irgendwas ist hier unten, auf der anderen Seite des Kanals. Ich kann es nicht sehen oder hören, aber es ist da. Ich habe Angst und kann merken, wie sich die Haare auf meinen Armen aufrichten. Ich muss hier raus!
Brrrrizzzz: "Junge, holst du deinem Opa noch ein letztes Glas Wasser?" Der Flur ist kalt. Ich habe keine Pantoffel an. Die Tür zum Klo ist offen. Es ist eigentlich gar nicht so dunkel, trotzdem habe ich Angst. Das Treppenhaus und die große Treppe haben mir schon immer ein bisschen Angst gemacht. Aber nur ein bisschen. Der Wasserhahn ist eiskalt, so wie meine Füsse. Es scheint eine Ewigkeit zu vergehen, bis das Wasser aus dem Hahn kommt. Warum hab ich es nur so seltsam eilig? Warum habe ich Angst? Endlich ist das Glas voll. Quietschend drehe ich den Hahn wieder zu. Er tropft nach. Im Flur schwebt ein eigenartiges Licht. Ich mag das Treppenhaus nicht. Ich erreiche Großvaters Bett und hebe die schwere Bettdecke von seinem Gesicht. Er ist wohl eingeschlafen. Er sieht seltsam zufrieden aus. "Gute Nacht Opa. Ich hab dich lieb." Durch das Fenster im Treppenhaus fällt Licht auf sein Gesicht und seine weißen Haare. Draußen streiten sich rallige Katzen.
03.51 Uhr. Ich habe Tränen in den Augen. Warum? Ich kann hören, wie das erste Postmoped vor dem Haus hält. Quietschend wird der Ständer ausgeklappt. Ruhig und entspannt blubbert der Motor im Leerlauf. Brrrrrrizzz: Am Morgen holen sie ihn ab. Es ist ein großer schwarzer Opel. Meine Oma weint nicht. Sie hat keine Tränen mehr, sagt sie. Ich weine für sie mit. Ich darf nicht mit auf die Beerdigung, weil ich noch zu klein bin. "Ich hab dich auch lieb, mein Junge."
07.00 Uhr. Der Wecker klingelt. Ein neuer Tag beginnt.
It's only a dream, dude. Only a dream.......
Junge, Junge! Und ich habe ja noch zum Jahresanfang geschrieben "Mögen deine wildesten Träume wahr werden". Das nehme ich an dieser Stelle aber sofort zurück.
AntwortenLöschenMit diesem Traum kannst Du ja ein ganzen Jahrgang von Traumdeutern mit Diplomarbeiten beschäftigen.
Alles in Ordnug bei Dir?
@Oliver
AntwortenLöschenKeine Angst, mir gehts gut. Und wenn du schon glaubst, das dieser Traum ungewöhnlich ist, solltest du erstmal meine Albträume sehen.....
wow... :/ Träume von den älteren Generationen scheinen total anders zu sein als die von gleichaltrigen meines Alters...
AntwortenLöschenSo'n Inhalt nimmt mich total mit. Damit kann ich gar nicht umgehen.
@Coolio
AntwortenLöschenHaha! Wieso nur fiel mir gerade der große rote Knopf mit dem "Don't press"-Schild ein?! Aber ich kann widerstehen, denn mehr würde ich bestimmt nicht vertragen - dann doch lieber einen gut recherchierten Bericht über J-Porn (gibt es eigentlich iPorn?).
Außerdem müsstes Du dann für dein Blog bestimmt eine "ab 18"-Freigabe einrichten.
...hmmm... Also wenn ich es mir so recht überlege würd ich ja doch gerne drauf drücken ... ;)
PS: Hat sich erledigt -> iPorn ist ein cloudbasierter P*rn*dienst für's iPhone. Ach, war ja klar ...
@Natasha
AntwortenLöschenWie alt bist denn?
Ich denke solche Träume hat jeder mal, meistens kann man sich allerdings nicht so genau dran erinnern. Besonders fies beim Aufwachen, wenn man sich erstmal nicht sicher ist ob das nur getäumt war...^^
Bin ich selber zu sehr an derartige Gedanken/Träume gewöhnt oder seid ihr alle einfach nur verweichlicht und emotional? :P
AntwortenLöschenIch persönliche finde den Beitrag wie die meisten von Coolio einfach großartig direkt und unverblümt. Frei nach dem Motto "friss oder stirb"
Ich mag es generell zwischen den neutralen (haha, als ob du jemals neutral geschrieben hättest ;)) Berichten, immer wieder diese absichtlosen(?) Gedanken/Geschichten von dir zu lesen! Gerne mehr! Du hast eine großartige Schreibe und Ausdrucksweiße!
Hm, ich erinnere mich selten an meine Träume, daher kann ich nicht sagen, ob deiner jetzt verwirrender als das ist, was meinem Kopf entspringt, aber zumindest wirkt es verstörend.
AntwortenLöschen=p
@Natasha
AntwortenLöschenHat wohl neben dem Alter auch etwas mit Erfahrung zu tun. Je aelter man ist, umso mehr "schlechte" Erfahrungen hat man wohl in petto, um sie dann im Traum zu verarbeiten. Als ich in deinem Alter war, hatte ich gar keine Zeit zum Traeumen.....
@Myo
Danke fuer die Blumen. Werde natuerlich auch weiterhin schreiben was mir passt, auch wenn's einige Leser verstoert.
Ich möchte gern den kleinen Jungen im Schlafanzug in eine warme Decke wickeln; ich möchte ihn an mich drücken, ihn beschützen.
AntwortenLöschenUnd ich möchte ihm erklären, wohin sein Großvater jetzt geht.
@ Woody: Bah ist das kitschig x'D
AntwortenLöschen@ Coolio: Hmm, da hast du vermutlich recht. Aber ich weiss nicht, selbet meine unangenehmen Träume sind anders. Heute hatte ich geträumt ich wäre ganz allein auf einem sinkenden Schiff. >_<; Da ist iwie.. mehr action x'D Weniger Erinnerungen an "damals".
Trotzdem wünsche ich dir dass du mehr verschont bleibst von emotionsgebungenden träumen von alten geschehnissen. Ist sicher mies. :/
So, nun wird es richtig krank.
AntwortenLöschenIch kann mich nicht mehr an alles erinnern aber der grobe Ablauf des Traums war.
Ort war ein Haus irgendwo, keine Schimmmer. Drinne wurde irgendwas gefeiert, zumndist war eine Familie da.
Irgendein alter Mann (Opa?) wird von der Mutter rausgeschmissen, warum auch immer.
Nächste Szene steht er (der alte Mann) in der Tür mit einem Feuerwehrmann, dieser mit Axt bewaffnet. Opi gibt eine Anweisung und der Feuerwehrmann packt die Axt und "filetiert" die Mutter...
Weiter weiß ich nicht mehr wirklich, aber das war schon in der Tat verstörend. =D
@Ernst
AntwortenLöschenNaja, sieht das ganz nach einer vollkommen berechtigten Rache vom lieben Opa aus. Obwohl...... ich an seiner Stelle haette die Axt selber geschwungen. Also nur im Traum, versteht sich.......
@Alle
Geht das nur mir so, oder koennt ihr auch die Personen und Vorgaenge in euren Traeumen zum Teil direkt beeinflussen? Zumindest in meinen Sextraeumen ergeben sich da ziemlich interessante Kombinationen......
Und ich dachte ich traeume immer grausige Sachen..
AntwortenLöschenAber da bin ich ja gar nicht allein.
Ich habe eigentlich so gut wie nie Traeume ohne Tod, dass mich jemand umbringen will oder Streit sowie anderen Stress.
By the way. Du schreibst echt klasse. Also ich war ganz verwundert - kannst einen richtig in den Bann ziehen, wie bei einem guten Buch. (Wenn du nicht so viel Porno/Sex gedoens einstreust.)
@anjifrosch
AntwortenLöschenHm, ich werde in meinen Traeumen staendig erschossen, zerhackt, aufgehangen, gefressen, vergewaltigt, usw. Woran das wohl liegt?
Naja, Sex gehoert wohl zum Leben dazu. Und hier in J dreht sich fuer einen maennlichen Gaijinsingle nun mal viel um das Thema, ob er das nun will oder nicht.....