Donnerstagmorgen, es ist arschkalt. So kalt war es
in Tokyo die letzten 10 Jahre nicht. Seit 3 Wochen konstant knapp unter null
Grad in der Nacht, so um die 7-10 Grad am Tag. Jaja, ich weiß was jetzt wieder
kommt: 0 Grad. Oh! Memmbruder, Weichei, Tranlappen, usw. Hey, eure Buden sind
einigermaßen isoliert! Wenn ich abends nach Hause komme, schalte ich direkt
Aircon, Gasheizer und den Heizteppich an. Ja, lacht ruhig! Ich hab nen
verdammten Heizteppich! Ohne den würde ich mir an manchen Tagen im wahrsten
Sinne des Wortes meine Eier abfrieren. Und ja, trotz meines fortgeschrittenen
Alters brauch ich die Dinger noch. Irgendwie hänge ich an ihnen, obwohl die ja
eigentlich an mir hängen. Uhm, lassen wir das.......
Also, neuer Versuch. Donnerstagmorgen, 9.01 Uhr.
Ich steige aus dem Aufzug und trotte im Halbschlaf in die Firma. Klar, nur ein
paar meiner „fleißige japanische Bienen“-Kollegen sind schon da. Die meisten
stopfen sich wohl grad noch stinkende, fermentierte Bohnen in den Schlund. Die
sitzen lieber bis 20 Uhr in der Firma und tun nix. Ich komme lieber früh, tu nix
und gehe dafür früh.
Aber meine Tippi ist schon da, die gute Fee. Seit
8 Jahren arbeitet sie mit einer an Wahnsinn grenzenden Engelsgeduld an meiner
Seite. Ja, wird sind uns mal ziemlich nahe gekommen, aber haben uns wieder auf
einen der Arbeit zuträglichen Abstand einigen können. Sie war schon 4 mal
verlobt. Viele meiner Kollegen glauben, ich hätte sie für die japanischen
Männer verdorben. Als sie mir zugeteilt wurde, war sie ein typisches, liebes
27jähriges japanisch-devotes Mädel, nun ist sie ironisch, sarkastisch und gibt
Widerworte. Und das geht ja mal gleich gar nicht. Hm, eigentlich die perfekte
Besetzung für die Rolle meiner nächsten Ex-Frau, oder?
Nope! Am Arbeitsplatz rumfummeln geht selten gut.
Es sei denn, einer geht. Und derjenige bin ich. Nein, das hat nichts mit ihr zu
tun. Das hat nur etwas mit mir zu tun. Ich will einfach nicht mehr. Nach 8
Jahren „corporate Japan“ wird es Zeit für etwas anderes. Ab Mitte des Jahres
werde ich für mehrere nichtasiatische Firmen als freiberuflicher technischer Konsultant
arbeiten und ganz Asien beackern. Ja, ich bleibe erstmal in Japan und pflege
meine Hassliebe zu Tokyo. Warum sollten meine treuen Leser wissen. Die anderen
müssen halt meinen Blog komplett lesen. Immerhin habe ich mich dann von der enormen
Last befreit, mit 200 Japanern unter der Leitung eines ins negative
japanisierten Deutschen zu arbeiten. Es ging einfach nicht mehr.
Mal sehen wohin das führt......