Wie würde ich
mich selbst einschätzen? Wie würdet ihr mich, oder besser, euch selbst einschätzen?
Nun ja, ich selbst sehe mich als ausgebufften (um nicht zu sagen abgefuckten),
mit allen Wassern gewaschenen Mittvierziger, der jeden Tag mit einem total abgedrehten
Land um die Vorherrschaft in seinem eigenen Gehirn kämpft. Mich kann nach
Jahren im Chaos eigentlich nichts mehr erschüttern. Dinge, die mir vor Jahren
noch äusserst übel aufgestossen sind, gehen mir mittlerweile im wahrsten Sinne
des Wortes am Arsch vorbei. Japan erzieht zur Geduld und Gelassenheit. Viele
Expats, Abenteurer, oder Freaks mit gelbem Fieber, die es nach Japan verschlägt,
werden nach ein paar Jahren mit der ständigen Reizüberflutung, besonders in
Tokyo, aber durchaus auch in ländlicheren Gegenden, nicht mehr fertig und flüchten
fluchend zurück in das ruhige Deutschland. Erdbeben, Tsunamis, explodierende
AKWs, riesige Insekten, Dschungelklima im Sommer, J-Gals und andere
Katastrophen tun ein übriges.
Also, ich
stolpere mittlerweile recht ausgeglichen durch meinen japanischen Alltag. Gibt
es ein Erdbeben, springe ich nicht wie von einer Tarantel gestochen aus dem
Bett, sondern warte erst einmal gespannt ab. Rumpelt es länger als gewoehnlich,
stelle ich mir meinen Notrucksack in Griffweite, aber lege mich wieder hin und
kann auch relativ schnell wieder einpennen. Und wird mir auf der Strasse oder
im Zug mal wieder ein „Kaeru!“ (wohl sowas wie: Verpiss dich dahin wo du
hergekommen bist!) entgegengeschmettert, kann ich diesen meist älteren Leuten
schnell den Wind aus den Segeln nehmen, indem ich mich als Deutscher und nicht
als „Amerikayaro“ zu erkennen gebe. Auch eine riesige Kakerlake bringt mich
nicht mehr aus der Ruhe, sondern cool wie Gary Cooper in „High Noon“, trete ich
dem Drecksviech gegenüber und „erschiesse“ es mit einer Ladung Gokiburijeto.
Ohne mit der Wimper zu zucken.
Aber ..... und
jetzt komme ich endlich zum Punkt: Aber wenn es hier in Japan um Politik geht,
dann zucken mir nicht nur die Wimpern, sondern gleich alle Haare! Beispiel:
Wenn man in der letzten Zeit die Glotzkiste anmacht und auf „History Channel“
oder National Geographic“ wechselt, grinst einem fast immer eine, besonders uns
Deutschen, nur allzubekannte Drecksvisage entgegen: Adolf Hitler. Ja. Genau
der. Seit ein paar Monaten sieht man nur noch Dokus über den ersten und zweiten
Weltkrieg, über den Pazifikkrieg, die Atombombenabwürfe, Vietnam und Desert
Storm. Da gibt es die bösen Kommunisten, die bösen Faschisten, die bösen
Mullahs und natuerlich die bösesten von allen: Die Deutschen! Die Amis sind
ganz lieb und die Japaner sind aber doch nur in den Krieg hineingeschlittert
und sind ganz klar Opfer.
Da kommen dann in
den Dokus die Soldaten der Alliierten (nein, nicht Achse des Bösen...) zu
Wort und lassen sich darüber aus, wie sie uns Krauts, Sausages,
Schweinedeutschen, Dreckspack, usw., das Lebenslicht ausgeblasen haben. Und
besonders bei den russischen Veteranen, die oft sichtlich ausgemergelt und ohne
Zähne, aber dafuer mit zig Orden an der ausgefransten Uniform in einer total
versifften Drecksbude hausen, da frage ich mich oft, wer da eigentlich was
verloren hat. Man stelle sich den internationalen Aufschrei vor, wenn die Deutschen Dokumentationen in diesem Stil veröffentlichen würden.
Nun gut. Sei’s
drum. Ich frage mich nur, was das alles soll? Die meisten dieser Dokus sind in
Amerika eingekauft, bzw. werden von den amerikanischen Sendern „History
Channel“ und National Geographic“ ausgestrahlt. Oft im Originalton (fucking
Krauts...) und mit japanischen Untertiteln, dessen Qualität einen an der
Eignung des Übersetzers zweifeln lässt. Da wird zum Beispiel aus einem: „Die
Japaner haben einen klaren Angriffskrieg geführt“ ein „Japan hat sich wegen
seines Rohstoffmangels praktisch vorsorglich verteidigt“, oder ähnlicher
Schwachsinn. Ganz grosses Kino!
Warum aber diese
Häufung von kriegerischen Dokumentationen? Müssen die Japaner mal wieder auf
einen von Amerika ausgehenden Angriffskrieg, z.B. gegen Syrien oder den Iran
konditioniert werden? Im Bezug der Konditionierung auf einen Iranangriff ist
auch „lustig“, das sogar Dokumentationen ueber den Sechstagekrieg, in dem sich
Israel und so ziemlich alle Mullahs aus der Gegend gegenüberstanden, gezeigt
werden. Natürlich sind die Israelis die Guten, die die bösen, bösen Mullahs
plattmachen. Hm, eigenartig. Wer bestimmt eigentlich, wer gut oder böse ist?
Oder müssen die
Japaner auf einen Konflikt mit ihren eigenen Nachbarn hin konditioniert werden?
Der kürzlich wieder aufgeflammte „Inselkonflikt“ mit China und Korea laesst das
vermuten. Wurden doch kürzlich wegen der „Besetzung“ der Senkaku Inseln (winzige,
unbewohnte Eilande im Ostchinesischen Meer) durch einige japanische Senioren,
in einigen chinesischen Städten japanische Flaggen verbrannt und japanische
Geschäfte beschädigt. Alles nur, weil der senile Bürgermeister Tokyos und ein
paar seiner ebenso grenzdebilen Freunde es sich zum Lebensziel gemacht haben,
diese Inseln Japan einzuverleiben und zu diesem Zweck ordentlich Geld in rechte
Gruppen zu pumpen, damit diese sich dann zu den Inseln aufmachen, um diese zu
besetzen. Aussage eines dieser Besetzer: „Auf den Insel gibt es noch original
japanische Häuser, also gehören sie auch zu Japan!“ Aha, original japanische
Schwedenhäuser, oder was?
Anmerkung d. Red.: In Disneyland Tokyo stehen noch
original amerikanische Häuser. Gehört Tokyo etwa zu den USA? Und warum gehören
Saipan und Hawaii dann nicht auch zu Japan, obwohl da vor nicht allzulanger
Zeit auch jede Menge „original japanische Häuser“ standen? Und wo haben die
chinesischen Demonstranten eigentlich immer die japanischen Flaggen zum
verbrennen her? Fragen über Fragen....
Update:
Habe grad eben
mit einer japanischen Freundin (nur Freundin…) über das Thema geredet. Sie ist
eine der wenigen Japanerinnen, ja eigentlich Japaner überhaupt, mit denen man über
Weltpolitik reden kann. Sie arbeitet als Redakteurin bei einer grossen
japanischen Zeitung und „bei ihr kommt auch das auf den Tisch, was der
Kisha-Club nicht in die Zeitungen lässt“ (OT). Ihrer Meinung nach werden solche
Aktionen wie die Besetzungen, vom Westen, bzw. explizit, der USA
fremdgesteuert. Lustigerweise sagt sie „Weisse“.....
So ist z.B. der
jap. Buergermeister Ishihara vor diesen Aktionen in die USA geflogen und hat
dort Politiker und Mitarbeiter von Sicherheitsbehörden getroffen. Direkt danach
hat er die Aktion mit der Besetzung ins Leben gerufen. So sollen dann auch
mehrere der Demonstranten in den USA gelebt, bzw. studiert haben. Auch an den
Besetzungen der Inseln durch chinesische Bürger, seien mehrere in den USA
aufgewachsene Chinesen dabeigewesen. Laut meiner Freundin soll so Unruhe in
Asien geschaffen werden, um von den Unruhen im nahen Osten abzulenken. Das wäre
auch der Grund, das in letzter Zeit so viele Kriegsfilme und Kriegsdokus im
japanischen TV laufen, um die Japaner in agressive Stimmung zu bringen.
Interessant......