Und sonst so?

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Vor kurzem hat meine Firma wieder einige neue Verkäufer und Sekretärinnen eingestellt. Vor ein paar Jahren „durfte“ ich als „böser Ausländer“ im letzten Drittel des Bewerbungsgespräch dazukommen und ausfiltern. Und das habe ich auch getan. Für den letzten Verkäufer, der für meinen Produktbereich eingestellt wurde, haben wir über 90 Interessenten befragt. Und meistens nach Hause geschickt. Mein Verkäufer war super und hat in einem Jahr 3 Anlagen verkauft. So super, das ihn eine Konkurrenzfirma mit deutlich besseren Konditionen gelockt hat und er schliesslich ging.

Bei der nächsten Einstellungsrunde durfte ich dann nicht mehr dabei sein, weil ich angeblich zuviel negative Energie in die Bewerbungsgespräche gebracht hatte. Wie das gemeint ist, werde ich gleich noch weiter erläutern.

Was man in anderen Ländern immer öfters in Stellenangeboten liest, ist in Japan absolute Grundvoraussetzung: Teamarbeit. Anders geht es in japanischen Firmen nicht. Was in westlichen Firmen oft sehr fähige Köpfe allein durchziehen, oft sogar erfolgreich, muss hier in Japan unbedingt im Team ausdiskutiert werden. Brilliante Ideen werden direkt niedergestampft, Innovationen verhindert. Statt vereinter Kraft im Team, kann man deshalb nur allzu oft von vereinter Idiotie im Team reden.

Ich war streng im Bewerbungsgespräch. Schließlich musste ich für die nächsten paar Jahre mit dem Typ zusammenarbeiten. Frauen wurden von unserem „HR-Fachmann“ erst gar nicht eingeladen, obwohl viele deutlich besser geeignet waren als ihre männlichen J-Pendante. Auch sprachlich sind japanische Frauen deutlich besser als japanische Männer. Alte Globetrotterweisheit: Wenn du in Japan auf Englisch nach dem Weg fragen musst, frag auf jeden Fall eine Frau.

Und so habe ich dann einiges erlebt. Sehr oft wurde das typische japanische „Rirekisho“, ein einheitliches Formblatt für Bewerbungen, extrem manipuliert. So wurden oft Schulabschlüsse geschönt, nicht vorhandene Erfahrungen aufgezählt, und so weiter. Das Firmen sowas auch mal nachprüfen, hat sich wohl noch nicht bis nach Japan rumgesprochen. Besonders stark gemogelt wurde aber bei angeblichen Auslandsaufenthalten und Sprachkenntnissen. So gab es oft sehr hohe Abschlüsse bei den bekannten TOEIC/TOEFL-Englischtests. Sehr oft nah an der Höchstpunktzahl. Schreiben und lesen war bei den meisten dieser „geprüften Experten“ auch einigermaßen drin, mussten sie doch im ersten Drittel des Bewerbungsgespräch so eine Art Englischtest absolvieren, oft mit erbärmlichen Resultaten. Aber das sie dann auch noch von einem „bösen, bösen Gaijin“ auf ihre sprachlichen Kenntnisse gecheckt werden, damit waren die meisten sichtlich überfordert. Selbst einfache Nachfragen in Englisch, ob sie denn ein Telefonat eines englischsprachigen Kunden annehmen könnten, endeten oft in: „Wattsu?“, was wohl „what?“ heißen sollte. Danach war dann direkt Schluss mit dem Interview. Wer nicht mal ein gepflegtes: “Please, could you say that again?“ raus bringt, der hat seine 990 TOEIC-Punkte wohl eher erträumt.

Während eines eigentlich relativ zufriedenstellenden Gespräches, stupste mich meine Tippi unter dem Tisch an und deutete dann auch unter den Tisch. Was sehe ich da? Dunkelrote, ziemlich versiffte Wildlederstiefeletten und dazu auch noch 2 verschiedenfarbige Socken! Nein, das hatte (fast) nix mit meiner Abneigung gegen Wildlederschuhe zu tun. Wer sich dermaßen auf ein Bewerbungsgespräch als Verkaufsingenieur (mittlere Karriere) vorbereitet, der bereitet sich wohl genauso auf seine Projekte vor. Und tschüß!


Newbie-OLs auf dem Weg zur Galeere.....

Ein anderer Bewerber hatte eine super Ausbildung, kam im teuren Anzug und mit teurer Glashütte-Armbanduhr, hatte aber eine riesige, behaarte Warze von der Größe einer Murmel mitten auf der Stirn. Also bitte...... Wer sich eine 5000 Euro Uhr leisten kann, der wird doch wohl auch die paar Kröten zur Entfernung eines solchen Mals über haben. Solche dicken Male sieht man sehr oft in den Gesichtern von japanischen Männern. Ob die japanische Gesellschaft sowas akzeptiert, ist mir in so einem Fall völlig egal. Unsere Verkäufer sind international tätig und genauso wenig wie ich Zahnruinen, die leider auch sehr oft vorkommen, akzeptieren kann, kann ich solch einfach behebbare Mängel akzeptieren.  

Mein neuer Verkäufer hat übrigens in einem Jahr noch nichts verkauft, geschweige denn hat er ernstzunehmende Anfragen. War eigentlich klar, da er bei der Einstellung schon zugeben musste, das er wegen „familiären Problemen“ nur national reisen kann und eigentlich auch nicht über Nacht von zuhause wegbleiben kann. Meiner Meinung nach kann der Typ kein Wasser in eine Wüste verkaufen. Oder Waffen in ein Unruhegebiet. Mir solls wurscht sein, ich hab ihn ja nicht eingestellt........


Bis denne.......

An manchen Tagen.........

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An manchen Tagen komme ich gut gekleidet und wohlriechend und bestens gelaunt in der Firma an, bereit mich den Problemen zu stellen, die sich, einem Grundgesetz folgend, automatisch und unausweichbar ergeben, wenn deutsches und japanisches Engineering aufeinanderprallen. Aber an den meisten Tagen komme ich verschwitzt, zerknittert und extrem miesgelaunt in der Firma an und brauche erstmal einen Kaffee und gute 30 Minuten, bis mich nicht jeder einfach am Arsch lecken kann. Meistens vergeblich.

An manchen Tagen halte ich mich an meine gesunde, abwechslungsreiche Diät, absolviere voller Freude mein tägliches Gewichtstraining und trinke nur Mineralwasser. Aber an den meisten Tagen schmeiße ich mich in meiner zu engen Jogginghose aufs Sofa, fresse irgendeinen ungesunden Konbinischeiß und trinke ungesundes Zeuch das mit Bi anfängt und mit er aufhört.

An manchen Tagen gehe ich Abends laufen, ganz nach meinem Trainingsplan. Aber an den meisten Tagen, will ich zwar laufen, schmeiße mich aber dann lieber aufs Sofa und denke daran einen richtigen Trainingsplan zu machen, kann mich aber einfach nicht dazu aufraffen.

An manchen Tagen ist meine Wohnung sauber und ordentlich bevor ich schlafen gehe. Aber an den meisten Tagen schiebe ich einfach die Berge von Wäsche, Computerzeugs und Geschirr an die Seite, grad so das mein Futon in die Lücke passt und verspreche mir selbst, morgen alles aufzuräumen. Meistens vergeblich.

An manchen Tagen benutze ich meine Zeit sinnvoll und mache das beste aus jedem Tag. Aber an den meisten Tagen, verschwende ich den ganzen Abend an das Internet, oder schaue grenzdebilen Müll im japanischen Fernsehen, während meine interne To-do-Liste stetig länger wird. Naja, eigentlich habe ich gar keine To-do-Liste, außer in meinem imaginären, organisiertem Leben.

Ihr mich auch!

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Ich kanns einfach nicht! Auch nach neun Jahren in Tokyo, kann ich nicht glauben, dass die Menschen gerne hier leben. Sie wachen auf, trinken ihren "Fair Trade"-Kaffee, essen ein Ei von freilaufenden Hühnern und trinken Milch von glücklichen Hokkaidokühen. Bevor sie zur Arbeit gehen scheißen sie, scheuern sich den Hintern mit biologisch abbaubarem Papier ab und fahren dann, eingepfercht wie Schweine auf dem Weg zum Schlachthof, mit der Bahn zur Arbeit. Im Durchschnitt jeden Tag so um die 2 Stunden. Nein, die Schweine im LKW haben mehr Platz. Und werden auch nicht befummelt. Ich kanns einfach nicht!