D VS. J TEIL 3/Schaffe schaffe, Häusle ........

28

Noch schnell über die Straße, dann bin ich auch schon da. Zebrastreifen in Japan sind so ‘ne Sache. Man kann sich nie sicher sein, ob auch tatsächlich angehalten wird. Ich suche mir immer eine kleine Lücke und marschiere los. Hat bisher immer hervorragend geklappt. Klar, wer will schon äußerst schlecht gelaunte 100 kg auf der Haube sitzen haben?

Das Bürogebäude in dem sich meine Firma befindet, hat 13 Stockwerke. Naja, eigentlich nur 12, aber hier in Japan ist das Erdgeschoss der 1. Stock. Also doch 13. Irgendwie. Meine Firma hat das ganze 3. Stockwerk gemietet. Im Erdgeschoss ist ein Convenience Store. Ziemlich coole Sache. Wenn ich mal Lust auf ein Eis habe, gehe ich einfach runter, kauf mir eins und schlecke es in der Raucherecke. Sabber......

Das Gebäude an sich ist schon ziemlich cool. Die Empfangshalle ist komplett mit weissem Mamor ausgekleidet, etwas weiter hinten finden sich dann 5 Fahrstühle aus Edelstahl, von denen aber meistens nur einer fährt. Eigenartige Software haben die. Ich habe noch nie gesehen, das 2 Fahrstuhltüren gleichzeitig offen sind.

In der Aufzughalle spurten die Japaner nur so an mir vorbei. Jeder ausser mir hat es eilig. Sind die alle so fleißig? Nope, die sind alle zu spät dran! Morgens hetzen sie alle wie die Bekloppten ins Büro, nur um dort angekommen wieder in Lethargie zu verfallen. Und zwar bis zum Feierabend.

Oft bin ich einer der Ersten im Büro. Ich halte nichts von der Arbeitszeiten der Japaner: Spät kommen, spät gehen. Ich komme lieber spät und gehe früh. Ne, mal im Ernst, ich mag es wenn ich morgens in Ruhe meine Mails lesen kann und mir niemand mit dämlichen Fragen auf den Sack geht. Deshalb komme ich ein wenig eher. Normale Bürozeit ist “from 9 to 5”, die meisten meiner J-Kollegen kommen so ab 9.30 Uhr ins Büro, bleiben aber dafür dann auch mindestens bis 18.30 Uhr. Viele auch deutlich länger. Mir wurscht, ich bin meistens um 17.30 draussen.

An deutschen Maßstäben gemessen, kann die Arbeit in einer japanischen Firma ziemlich zermürbend sein. „Halt warte, hat er nicht gesagt, er arbeitet in einer deutschen Firma?“ Yup, hat er. Stimmt ja eigentlich auch. Nur bin ich der einzige Deutsche unter 200 Japanern. Nope, kein anderer Ausländer. Chef und sein Vize sind deutsch, aber von denen sieht man eh kaum was. Also ist das Arbeitsumfeld eher japanisch geprägt.

Entscheidungen werden hier nicht allein gefällt. Während ich in Deutschland direkt beim Hersteller Ersatzteile für, sagen wir mal 25.000 Euro, bestellen könnte, muss ich hier schon für 25.000 Yen (z. Zt. 195 Euro) erstmal meinen Buchou (Manager) fragen, obwohl der meistens keine Ahnung hat, worum es überhaupt geht. Aber das macht ja nichts, dann gibt es eben ein Meeting, in dem der ganzen Abteilung erklärt wird, warum ich 25.000 Yen brauche. Und so reiht sich dann ein Meeting an das andere.

Die Unterschiede in der Arbeitsweise? Nun, man kann nicht alle über einen Kamm scheren, aber die Japaner arbeiten weniger „fixiert“. Da ja ständig mehrere Sachen auf meinem Schreibtisch landen, arbeite ich sie in der Reihenfolge ab, in der sie hineingekommen sind: 1,2,3,4. Klar, ich kann mal etwas vorziehen, wenn es eilig ist, aber ungern. Meine japanischen Kollegen fangen mit allen Sachen gleichzeitig an, verlieren irgendwann den Überblick und das sieht dann so aus: 2,4,3,1,4,1,2 .....wtf??? Aber das macht ja nix. Dann gibt es eben ein Meeting und alles kommt wieder in die richtige Reihenfolge: 1,2,3,4. So! Fertig ist aber deshalb trotzdem noch nix. Und so gibt es dann wieder ein Meeting, in dem erklärt wird, warum noch nix fertig ist und dann Prioritäten gesetzt werden. In diesen Meetings wird das Protokoll auf einer Scannertafel mitgeschrieben, alle Anwesenden schreiben das ALLES nochmal in ihren Kladden auf, trotzdem werden hinterher auch noch Ausdrucke an alle verteilt. Wtf???

Funktioniert das? Ja, erstaunlicherweise schon! Nur wundert es mich bei der Arbeitsweise nicht, das sich so mancher Salaryman vollkommen verzweifelt vor den nächsten Zug springt.

Da ja nicht nur bei uns, sondern praktisch in allen mittelgroßen Betrieben so gearbeitet wird, frage ich mich, wie es Japan für lange Zeit zur zweitgrössten Volkswirtschaft der Welt gebracht hat. „Ja aber ........ das Bahnsystem arbeitet perfekt und japanische Autos sind die zuverlässigsten der Welt!” Ja, das stimmt. Allerdings wird in Riesenfirmen wie z.B. JR oder Toyota mit Unmengen von Manpower und „Kaizen“ (http://de.wikipedia.org/wiki/Kaizen) an dieser Perfektion gewerkelt. Man muss sich nur mal anschauen, wieviel Personal sich um nur einen einzigen Shinkansen kümmert. Soviel Personal findet man in Deutschland im ganzen Bahnhof nicht! Und was in Deutschland ein Team von 2-3 Ingenieuren durchzieht, erledigt hier oft eine ganze Mannschaft aus locker 50-100 Ingenieuren. Und da gibt es das „2,4,3,1,4,1,2 .....wtf???“-Problem nicht, weil jeder nur eine „Nummer“ bearbeitet und dabei von min. einem anderen Ing. bewertet wird. Für alles gibt es Regeln, deren Ausführung strikt befolgt wird. Auf vielen Firmengeländen latscht man nicht kreuz und quer, sondern es gibt vorgegebene Wege und diese werden nur an Zebrastreifen überquert, vor dem man oft sogar Handzeichen geben muss, bevor man diesen überquert. Und ja, die Handzeichen muss man auch geben wenn kein Auto zu sehen ist. Oft kann man diese Handzeichen auch bei Schaffnern und Bahnführern sehen. Alles Blödsinn? Nun, zumindest passieren bei der Japanischen Bahn weniger Unfälle im Jahr, als z.B. bei der Deutschen Bahn in einer einzigen Woche.

In vielen Firmen geht es morgens erstmal raus zum Frühsport, an dem ALLE teilnehmen müssen, vom Arbeiter bis zur Sekretärin. Ich habe oft mit deutschen Monteuren zu kämpfen, die “diese verdammte Scheiße“ auf keinen Fall mitmachen wollen, die aber sehr schnell sportlich werden, wenn ich sie deswegen wieder ins Flugzeug setzen will. Danach gibt es die Einweisung (Chorei) in der jede Arbeitsgruppe erklärt bekommt was sie zu tun hat und welche Sicherheitsvorschriften es zu beachten gilt. Oft werden diese Einweisungen nach der Mittagspause nochmal wiederholt.

Uuuund eins und zwei.........

In dem meisten kleineren Firmen regiert dagegen das Chaos. Nein, das ist keine Einzelmeinung. Fragt einfach mal jemanden, der in Japan bei verschiedenen Kunden unterwegs war. Bei mir im Büro gibt es so einige Spezialisten, die ihre herangeholten Akten erstmal auf und unter dem Schreibtisch speichern, bis absolut nix mehr geht. Einmal im Jahr wird dann halt einigermaßen klar Schiff gemacht und die Akten sind wieder für alle anderen verfügbar.

Japan wird ja oft als ein “High Tech“-Land bezeichnet , nur leider hat sich das noch nicht bis Japan herumgesprochen. Klar, im Zug fuchtelt jeder mit einem “Smaho” (Smartphone) herum, aber in den Büros wird noch voll auf Papier gesetzt. Ich hab mal versucht, aus meiner Abteilung ein „paperless Office“ zu machen, habe aber nach mehreren Wochen, in denen ich oft „mit der Faust in der Tasche“ gearbeitet habe, vollkommen entnervt aufgegeben:
Kollega: “Du Coolio San, ich konnte dieses Katalog.pdf nicht öffnen, da hab ich es mal eben ausgedruckt!”
Ich: „Ja aber ....... aber ....... wie konntest du es denn ausdrucken wenn du es nicht öffnen konntest???“
Kollega: „Woher soll ich das wissen? Hier, 384 Seiten!“
Ich: “Und dann auch noch einseitig! Bitte Jesus, erschiess mich gleich hier und jetzt!“


„Gut, jetzt wissen wir schon ein bisschen über den Arbeitsalltag und die Arbeitszeiten, aber wie sieht es denn mit der Bezahlung, Urlaub, sozialen Leistungen und so nem Kram aus?“

Schlecht. Muss man einfach ganz klar so sagen. Es gibt Ausnahmen (Expats, gesuchte Spezialisten, mich....), aber in der Regel verdient man in Japan weniger, hat weniger bezahlten Urlaub und bescheidene soziale Leistungen. In meiner Firma verdienen die Verkäufer (Uniabsolvent, so um die 30 Jahre alt, verheiratet, Kind) so um die 300.000 Yen im Monat, haben 20 Tage bezahlten Urlaub im Jahr und besonders mit Deutschland verglichen, bescheidene Sozialleistungen (Krankenversicherung, Arbeitslosengeld, Rente). Wie man damit in Tokyo über die Runden kommt? Bescheiden. Die Lebensqualität ist deutlich geringer als in Deutschland. Viele leben ausserhalb von Kerntokyo und haben einen dementsprechend langen Heimweg. Oft geht die Frau auch voll arbeiten, damit man sich wenigstens eine kleine Eigentumswohnung kaufen kann, oder zusammen mit den Eltern ein Haus kauft. Ein Auto ist oft nicht vorhanden. In meinem Apartmentblock bin ich der einzige mit Auto....

Ich rede hier von ganz normalen Angestellten. Klar gibt es in Tokyo auch das ganz große Geld. Die Dekadenz springt einen geradezu an. Aber es gibt auch Arbeitslosigkeit, die bei den zeitlich begrenzten und niedrigen Sozialleistungen wahrlich kein Zuckerschlecken ist. So etwas wie Hartz4 gibt es nicht. Oft haben Arbeitslose, alleinerziehende Mütter und Rentner gleich mehrere Aushilfsjobs (Arubaito), um sich über Wasser zu halten. Trotzdem wird hier in Japan deutlich weniger gejammert als in Deutschland. Der Unterschied wird besonders deutlich, wenn man mal die TV-Reportagen vom Erdbeben/Tsunami in Japan und der „Jahrtausendflut“ in Deutschland vergleicht. Tja, so unterscheiden sich die Kulturen. Aber das ist eine andere Geschichte........


Fortsetzung folgt........


  1. Was macht dich denn zu einer Ausnahme? :) Wo liegen die Vorteile die du im Gegensatz zu deinen "Kollegahs" erhälst?

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Ich verdiene mehr Geld und habe mehr Privilegien. Ganz einfach. Ich bin mit 39 in die Firma eingestiegen und hab denen gleich klar gemacht, das ich als deutscher Ingenieur auch als solcher bezahlt werden will und das sie meinen internen Rang (sehr wichtig in Japan!) und auch die Urlaubsansprüche und sozialen Leistungen an meine Anforderungen und mein Alter anpassen müssen. Sie habens geschluckt und mich eingestellt = 6 Richtige + Zusatzzahl! Und bisher scheinen sie es nicht bereut zu haben. Ich auch nicht.

      Löschen
    2. Liegt das eher am deutschen Ingenieur oder hattest du Glück und gut verhandelt? Könnte man z.B. mit einem Physikmaster auch so gut durchkommen?

      Löschen
    3. Lag eher daran, das ich der erste Ausländer überhaupt war, den meine Firma ins normale Team, also nicht Vorstand, geheuert hat und kaum Erfahrung vorhanden war. Naja, natürlich auch am Verhandlungsgeschick. Das ich mich nicht mit den paar Kröten abspeisen lasse, die ein japanischer BA oder sonstwas verdient, habe ich denen sofort klar gemacht. Ganz im Gegensatz zu denen, konnte man mich nämlich direkt einsetzen.

      Physiker haben es außerhalb der Forschung leider überall schwer. Alle Physiker die ich hier in J kenne, arbeiten in einem komplett anderen Feld, z.B. als Systemadministratoren. Das muss ja nicht verkehrt sein, weil man da wenigstens ordentliches Geld verdient, was ja in der Forschung nicht unbedingt immer so gegeben ist.

      Löschen
    4. Und deine japanischen Mitarbeiter schlucken das so einfach? Ich meine, dass du sozusagen in der gleichen Stellung/mit der gleichen Arbeit bzw. auch mit einer kürzeren Firmenzugehörigkeit mehr Geld verdienst als sie und dabei noch kürzere Arbeitszeiten hast?

      Löschen
    5. Seit wann geht es in der Arbeitswelt fair zu? Klar, es mag Kollegen geben, die sich hinter meinem Rücken mokieren, aber das juckt mich nicht. Wenn sie mehr verdienen wollen, müssen sie halt mal mit dem Arsch hochkommen.

      Löschen
  2. Es scheint von Japan her so einiges in Sachen „Arbeitsabläufe“ rüber zu schwappen … wenn ich die gebürtigen Westfalen so sehe … ich denke mir mal lieber mein Teil – ich wohne hier – da könnte ich laut deiner Beschreibung meinen du beschreibst eine Firma (außer dem Frühsport) in Gütersloh. Und da rede ich nicht von Bertelsmann, Miele & Co … eher so die Mittelständigen bis kleinen Betriebe. Aber eines muss ich mal loswerden: einigen kann man beim Laufen die Schuhe besohlen. Die Westfalen habe die Ruhe erfunden.

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Kann ich so nicht bestätigen. Bin gebürtiger Westfale.

      Löschen
  3. Man hätte das auch kurz und knackig schreiben können: Die Arbeitsweise in vielen japanischen Betrieben ist extrem ineffizient.
    Selbst ich, die ja in einem VÖLLIG anderen Bereich tätig ist, kann das nur bestätigen. Anfangs war das wirklich zum Haare raufen, aber irgendwann gibt man sich halt geschlagen.

    Also bezüglich des Gehalts und der Lebensqualität kann ich mich nicht beschweren. Das ist sogar mit ein Grund, warum ich noch in Japan bin.
    Ich würde in Deutschland sehr viel weniger verdienen und davon geht ja dann nochmal fast die Hälfte an Steuern weg - und wenn man mal WIRKLICH Geld vom Staat bräuchte, bekommt man es nicht. Das habe ich leider alles schon am eigenen Leib spüren müssen.

    Ich kann hier in Japan sehr viel Geld beiseite legen fürs Alter, hab genug Geld zum Reisen und muss mir keine Sorgen machen. In Deutschland wäre das ganz anders.
    Gut, ich bin nicht verheiratet, habe keine Kinder, das Auto wurde mir vom Arbeitgeber gestellt und ich lebe nicht in einer teuren Stadt.

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Immerhin bekommt man in vielen Situationen Geld vom Staat. Andernorts wäre ich vermutlich schon verhungert oder obdachlos.^^ Da zahlt man doch gerne Steuern.

      Löschen
    2. Es gibt da ein schönes Sprichwort: "Über den Tellerrand schauen...". Mein Opa hat dann immer gesagt: "Wie soll man über den Tellerrand schauen, wenn man gar keine Teller hat?" Das trifft es bei dir ziemlich gut, finde ich. Du hast einfach keinen Vergleich. Oder hast du schon mal in Deutschland, oder in einem anderen Land gearbeitet? Oder selbstständig gelebt? Und ich rede jetzt nicht von den guten, alten Studentenzeiten.

      Ich verfolge deinen "Weg" ja schon ziemlich lange und finde, das du mittlerweile fast schon "typisch Japanisch" so einige bittere Tatsachen in den Hintergrund stellst und die paar Vorteile die das Leben hier hat, extrem in den Vordergrund stellst. Gut, du bist zufrieden. Das ist schön. Aber sicherlich gehörst du auch zu den Ausnahmen. Und das es Ausnahmen gibt, habe ich ja auch deutlich gemacht. Aber wenn du mal darüber nachdenkst, was du bisher hier tatsächlich erreicht hast, was kommt dir da in den Sinn? Und ich rede nicht nur von materiellen Dingen.

      Löschen
    3. Gearbeitet schon, aber nie Vollzeit. Das ging als Student ja auch gar nicht.

      Ich wollte nie was erreichen. Karriere war mir z.B. noch nie wichtig. Mir war nur wichtig, dass das, was ich mache, mir Spaß macht und ich genug Geld zum Leben habe.
      Leider kann ich mir in Deutschland so gar nichts vorstellen, was mir Spaß machen würde. Auch sämtliche Praktika, die ich während meines 1. und 2. Studiums absolviert habe, waren eher grauenhaft. Ich hätte es gehasst, da jeden Tag zur Arbeit zu müssen.
      Von dem hier bin ich schon sehr zufrieden. Ich habe keinen Stress, ich arbeite in einem Job, der mir (meistens) sehr viel Spaß macht und das Geld stimmt auch.

      Natürlich hat jeder andere Prioritäten.
      Mir würde es schon reichen als Sekretärin in Deutschland zu arbeiten, sofern mir das Spaß macht und das Geld zum Leben reicht und ich nicht in eine Großstadt ziehen muss, wobei da immer viele die Nase rümpfen und sagen: "Kind, wozu hast du denn denn bitte studiert?!" ...

      Löschen
  4. Hallo,

    wir hatten kürzlich schon mal Kontakt wegen der Uhrengeschichte.

    300k für Anfang 30 mit Studium überraschen mich jetzt doch etwas, bei aktuellem Wechselkurs habe ich auf 12 Monate runtergebrochen mit Anfang 30 das Doppelte plus Überstunden und 30 Tage Urlaub.

    Aktuell kaspere ich munter weiter mit meiner Firma über meine Entsendung nach Tokyo zum Mutterschiff und hatte mir eigentlich zu meinem jetzigen Gehalt noch mal einen üppigen Aufschlag plus bezahlte Wohnung in Japan erhofft. Das Ganze soll allerdings über einen lokalen Vertrag abgewickelt werden, die Chance will ich mir mit aus deren Sicht vielleicht utopischen Gehaltsvorstellungen allerdings auch nicht versauen.

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Naja, der Wechselkurs gilt nicht. Wenn es um das Gehalt und Ausgaben geht, sollte man meiner Erfahrung nach immer 100 Yen = 1 Euro rechnen. Das entspricht eher dem echten Geldwert. Und nicht vergessen, zu den 300k im Monat kommt ja, zumindest in meiner Firma, auch noch ein ganz erheblicher Bonus dazu, der sicher das komplette Jahresgehalt nochmal locker um 30% anhebt. Man darf aber auch nicht verschweigen, das dieser Bonus von den meisten Japanern praktisch komplett zur Tilgung von Schulden (Haus, Auto, Studium) verplant ist. Das hat nach dem "Platzen der Blase" in den 80ern und auch nach der letzten Krise, so manchem, im wahrsten Sinne des Wortes, das Genick gebrochen, wenn die Firmen auf einmal keinen, oder einen stark verringerten Bonus gezahlt haben.

      Hm, lokale Verträge haben immer gewaltige Nachteile. Lass den Vertrag auf jeden Fall von einem unabhängigen Anwalt durchchecken, bevor du unterschreibst. Besonders bei den Arbeitszeiten gibt es doch erhebliche Unterschiede....

      Löschen
    2. Welchen Wechselkurs man zugrunde legen muss, ist natürlich auch ein schwieriges Thema. Von meinem rein subjektiven Japan Gefühl (ich habe über die Zeit gute zwei Jahre in Japan angesammelt) würde ich jetzt eher in Richtung 115 Yen tendieren.

      Wenn wir von deinem obigen 300k Beispiel ausgehen und noch mal den Bonus oben drauf legen kämen wir aber auch gerade mal auf 4.680.000 Yen was ich ehrlichgesagt sehr bescheiden finde auch wenn es Netto wohl besser als in DE aussieht.

      Ich muss da irgendeine gute Balance aus Anpassung an die lokalen Gegebenheiten, Auslandsaufschlag, Deckung der in DE vorerst weiterlaufenden Kosten & Gehaltssprünge der nächsten 2 3 Jahre finden.

      Da laufen dann auch so Themen wie Firmenwohnung etc. mit rein wobei ich gerne so viele Verträge wie möglich auf mich laufen haben möchte, sollte ich es nach der Zeit in Japan noch für aushaltbar halten, würde ich versuchen mich danach in Tokyo wegzubewerben, da wäre die Wohnung, Handy etc. auf den eigenen Namen sicher von Vorteil.

      Was den Arbeitsvertrag selbst angeht, der deutsche Vertrag soll ruhen bzw. ein weiterer Vertrag über die Konditionen der Rückkehr und oder Abbruch geschlossen werden und dazu noch ein Vertrag direkt in Japan mit dem Mutterschiff.

      Ich habe gestern auch die Ausenhandelskammer in Tokyo kontaktiert, ob die für mich ein paar Ansprechpartner haben, die sich wie du schon richtig sagst mit vertraglichen Themen und auch dem schnüren von realistischen Paketen auseinandersetzt.

      Löschen
    3. Sorry, alle Angaben waren schon Netto. Abzüge sind hier, besonders wenn man verheiratet ist, kaum der Rede wert. Ich als Geschiedener werde komplett als Single geführt, habe also steuerrechtlich kein Kind mehr und drücke so um die 20% ab.

      Löschen
    4. Ich ging jetzt doch tatsächlich von Brutto aus, Netto Gehälter lassen sich immer so schlecht vergleichen von einem deutschen Standpunkt aus.

      Wenn ich jetzt 46k € netto pro Jahr auf München umlege würde ich sagen es ist nicht wenig Geld aber um wirklich gut davon zu leben reicht es bei den hiesigen Mieten dennnoch nicht für eine 3-4 köpfige Familie.

      Was die Abzüge etc. angeht weiß ich bislang auch nur das sie geringer ausfallen, ich erhoffe mir das ich von der Ausenhandelskammer da wirklich mal ein paar gute Rechenexempel für deutsche Verhältnisse erwarte.

      Löschen
  5. Die Arbeitswelt ist genau der Knackpunkt bei dem ich mir gesagt habe: "Nee in dem Land hälst du es kein Jahr aus!"
    Und wie du frag ich mich auch: Wie konnte aus Japan eine solch starke Wirtschaftsmacht werden, bei dieser Arbeitsweise? Ich reg mich ja schon beim Chaos meiner französischen Kollegen auf ^^ Aber das is garnix im Gegensatz zu den Japanern!
    Ein anderer Punkt gegen meinen Auswanderungsplan sind die Sozialleistungen.

    Aber wie ich schon ne millionen mal geschrieben hab, ein Urlaub steht auf jeden Fall auf der To-Do-Liste xD
    Am wahrscheinlichsten dann, wenn meine Transition fertig ist und die OPs etc bezahlt sind ^^

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Ach naja, jedes Land hat seine guten und schlechten Seiten. Und Ausländer arbeiten hier meistens ja doch unter besseren Bedingungen. Klar Sozialleistungen sind ein Thema, wenn man sie dann in Anspruch nehmen muss, aber ob speziell die Rente in D sicherer und besser ist, sei mal dahingestellt. Da kann man ja auch privat vorsorgen. Deutsche, bzw. Leute die in D eine Heimat finden, neigen ja doch sehr dazu, sich in der sozialen Hängematte sehr wohlzufühlen und dem Staat auf der Tasche zu liegen, gern auch für einen längeren Zeitraum. Sowas ist den Japanern vollkommen fremd. Hier gilt eher: Spare in der Zeit, dann hast du in der Not. In Tokyo hat man sicher eine besondere Situation, aber Japan kann wunderschön sein. Ich geniesse mein Leben hier so gut es geht. Einen großen Anteil daran hat sicher auch der, im Vergleich zu D, deutlich geringere Arschlochanteil in der Bevölkerung.

      Löschen
    2. Ach wenn ich später mit 75 in Rente darf (sofern ich dieses Alter überhaupt erreiche), wird meine Rente wohl weit unter dem HartzX-Satz liegen. Daher hab ich auch private Altersvorsorge.

      Ja, Sozialschmarotzer sind in D natürlich weit verbreitet. Die ruhen sich lieber auf Hartz4 aus und jammern regelmäßig, dass sie ja doch nicht mit dem Geld klar kommen. D fühlt sich dank der Vergangenheit ja auch verpflichtet, sich jeden Ausländer ins Land zu holen und auf Kosten der Steuerzahler durchzufüttern. Aber wehe du beschwerst dich, dann wird direkt die Nazi-Keule ausgepackt. Das is hier schon ziemlich ätzend.

      Ich denke, dass ich hier als gelernte Fachinformatikerin für Anwendungsentwicklung eine gute Jobmöglichkeit habe. Wüsste nicht, ob ich auch in J so einfach an Arbeit käme wie hier.

      Ich würde wahrscheinlich auch nicht nach Tokyo wollen sondern lieber etwas weiter abseits. Als Saarländer hat man so eine angeborene Vorliebe fürs Landleben. Was wir Saarländer als "Großstadt" bezeichnen, wäre in Japan ein kleiner Häuserblock mitten auf dem Land ^^

      Ein klarer Pluspunkt an Japan ist, wie du sagst, der deutlich geringere Arschlochanteil. Höflichkeit, Freundlichkeit, Respekt und Rücksicht sind für den gemeinen Deutschen Fremdwörter. Ich denke das gilt für die gesammte westliche Welt. Die Lebensweise ist in Japan einfach eine ganz andere.

      Mal abwarten, wie sich meine Zukunft so entwickelt. Vielleicht bekomme ich auch mal die Möglichkeit, den Alltag in Japan für ein halbes Jahr zu testen. Da wollte ich eigentlich ja auch dieses Working Holiday machen, bin inzwischen aber zu alt.
      Naja mal sehen, zuerst müsste ich sowieso mein eingerostetes Japanisch-Vokabular wieder in Schuss bringen ^^

      Löschen
    3. Das Working Holiday Visa kannst du bis inkl. 30, also noch bis ein paar Tage vor deinem 31. Geburtstag beantragen.

      Löschen
    4. Hier muss ich aber mal einhaken. Also dass Höflichkeit, Freundlichkeit, Respekt und Rücksicht für Deutsche Fremdwörter sind, stimmt so einfach nicht. Ich entschuldige mich, wenn ich jemanden versehens anremple, und bin auch stets freundlich, solange ich nicht wieder mal hinter nem Opa mit Hut herfahren muss, der mit 60 in der 100 Zone schleicht. Vielleicht ist das ja im Saarland anders :/ aber an sich kann ich mich nicht sonderlich beschweren. An demotivierte Verkäufer und Ausreden suchende Bürokraten gewöhnt man sich, und glücklicherweise kommt das auch nicht allzu häufig vor.
      Was meint ihr mit Arschlöchern? Klar gibt es die Sozialschmarotzer, die nicht arbeiten wollen. Aber leider ist im Zuge der Hartzreformen auch eine Liberalisierung des Arbeitsmarktes eingetreten, was dazu geführt hat, dass die Löhne kräftig gedrückt wurden. Neben den Leuten, die schlecht bezahlt werden, gibt es also die, die gerne arbeiten würden, aber nix finden. Und für die ist das Sozialsystem nunmal da. Dass Sozialschmarotzen jetzt aber "weit verbreitet" ist, sehe ich nicht - es erscheint mir eher als ein von oben runtertreten auf Leute, von denen man denkt, dass sie alle deswegen nicht arbeiten, weil sie faule, ungebildete Schweinehunde sind. Man sollte eher froh sein, Arbeit zu haben, und seinen Beitrag leisten zu können, als in Kleinbürgermanier den bösen Staat und die viel zu hohen Steuern zu monieren. Das hat meiner Meinung nach eher Stammtischniveau.

      Wo ich dir zustimmen muss, ist, dass die Nazikeule wirklich bei jeder sich bietenden Gelegenheit rausgeholt wird. Heute war mal wieder eine Bundestagsdebatte darüber. Teilweise kommt es so rüber, als ob einem das reine (gerechtfertigte) Kritisieren jeglicher Fehlverhalten jeglicher Ausländer verboten werden soll.

      Löschen
    5. Nach dem Japanologie-Auslandssemester und Physikstudium werd' ich wohl auch ein working holiday machen. Wenn's klappt dortbleiben. Als Sysadmin oder armer Schlucker in der Forschung. xD

      Löschen
    6. Also am Anfang: Ich studiere noch und das was ich an Arbeitserfahrung gesammelt hab geht nicht über Praktikas und Ferienjobs hinaus.
      Aber das was ich von meinen Eltern und anderen Leuten so mit bekommen habe nervt mich schon.
      Ich weiß was mit "Arschloch" verhalten gemeint ist. Es gibt im normalen Leben kaum noch Höflichkeiten, ich spreche jetzt nicht von Menschen die sich immer Mühe geben ein Lachen auf den Lippen zu haben^^...
      Die meisten Menschen (Saarland in nem Dorf) schaffens schon nicht mehr einem Guten Tag zu sagen bzw. mal nett zurück zu lächeln wenn man jemanden Grüßt. Das war vor 10 Jahren anders als ich noch als Kind durch die Gegend gehüpft bin. Kein Plan was schief gelaufen ist...
      Und was Rente angeht: Die wird hier in dem Land immer schlechter, wenn du es nicht schaffst dir eine Privatrentenvorsorge zu besorgen.
      Ich mein ich habe auch schon eine, obwohl die zur Zeit pausiert.
      Wozu Rentenbeiträge bezahln, wenn man am Ende nur 400 Mäuse bekommt *tztz* (Mein Paps wird wohl soviel bekommen von daher...)
      Was mich noch sehr stört ist, es tauchen immer mehr Amerikanische Verhältnisse hier auf^^... Leute die eine komplette Ausbildung durch haben wie z.B. Mechaniker oder Frisöre bekommen schon nicht mehr genug Geld um überhaupt damit zu leben, das is Taschengeld. (Gut oke die war ja schon immer ein wenig unterbezahlt, aber die Lebensmittel werden teuerer, Sprit und Wohnungen werden auch langsam Luxusgüter-.-...) Meistens haben diese Leute nochn 2. Job (mittlerweile). Oder gehen ganz in i.welche Firmen akkord arbeiten Find ich traurig! Vor allem dieses momentan Trendige "Leiharbeitsfirmen" getuhe, macht hier viel kaputt... Wie issen das eigentlich in Japan? Haben die da auch so viele Leiharbeiter für jeden Mist`?!... Denke net...

      Löschen
    7. Nun, die Sache mit der Leiharbeit ist wohl mittlerweile ein internationales Problem. Hier gab es bis zur "Krise" etliche ausländische Leiharbeiter in der Automobilindustrie. Meistens aus Südamerika und mit explizit nur für die Arbeit geltendes Visa. Die meisten dieser Leute wurden dann auch sofort "entfernt" als es zur Krise in der Automobilindustrie kam. Mittlerweile hat sich das ganze wieder erholt und das Spielchen fängt von neuem an. So ist das halt....

      Löschen
  6. Oh ja.. Kleine Firmen und das Chaos. Und die scheiss bezahlung..
    Manmanman..

    PS: Du bist nun endlich auf meiner Homepage verlinkt!
    Sorry für die Verzögerung :)

    AntwortenLöschen
  7. Das mit der japanischen Höflichkeit ist so eine Sache. Recht häufig ist nämlich das Beil zur Stelle, falls sie mal fallen gelassen wird. Glaubt ihr nicht? Schaut euch mal ein Paar Parlamentsdebatten aus den 60ern an. Die Höflichkeit hat in Japan den Platz des Humanismus eingenommen, der in Japan nie in dieser Form erfunden oder importiert wurde. Sie ist der Kleister, der die dünne Decke der Zivilisation zusammenhält.

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Interessanter Gedanke, aber ein bisschen weit hergeholt. In den letzten 50 Jahren hat sich Japan auch in der Politik weiterentwickelt und die Parlamentsdebatten sind genauso langweilig und nichtssagend wie in der westlichen, "humanitären" Hemisphäre. Ich finde es auf jeden Fall angenehm, bei Dienstleistern freundlich empfangen zu werden. Auch im Arbeitsleben hilft einem Freundlichkeit viel besser durch den Tag. Und wenn mal jemand meint, das "Beil" rausholen zu müssen, macht das einer deutschen Eiche sicherlich deutlich weniger Angst, als einem verkümmerten Kirschbäumchen.....

      Löschen