Onii san, oder Big Brother in Japan (Teil2)

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Offensichtlich nimmt es kaum jemand wahr, das wir Wahljapaner in einem Land leben, das unter den grossen Industrienationen der Welt die laschesten Datenschutzgesetze hat. Wobei man sicher unter diesen Gesetzen unterscheiden muss: Die USA haben sicher eine ganze Menge Gesetze zum Datenschutz, besonders natuerlich um die umfassenden Daten, die von den US-Buergern ermittelt wurden, vor dem Zugriff aus dem Ausland zu schuetzen und vor dem Zugriff eben jener "digitalisierten“ Buerger. Im Ausland selber geht man natuerlich nach wie vor auf „Datenjagd“ und das in einem Umfang, der, selbst von nachweislich vormals von der Stasi erfassten Buergern, nur noch als schockierend bezeichnet werden kann.

In Europa steht der Datenschutz ganz oben auf der Liste, nur kuemmert sich kaum Jemand darum. Kein Wunder, ist der Datenschutz doch ganz klar „globalen“ Interessen im Weg. So hat sich dann auch die EU sofort dazu bereit erklaert, das jenes von den Amerikanern eingefuehrte Datenerfassungssystem „Secure Flight“ auch fuer (oder besser: gegen...) europaeische Buerger benutzt werden „darf“. Im Gegenzug sicherte die US-Regierung dann auch grosszuegig die uneingeschraenkten Landerechte auf US-Flughaefen zu. Desweiteren wird ueber immer neue Sicherheitseinrichtungen debattiert. Nun soll es also der Koerperscanner sein, der uns vor Terroristen schuetzen soll. Dagegen mutet die Fingerabdrucknahme und Gesichtsmerkmalanalyse auf japanischen Flughaefen geradezu laecherlich an.

Ich vergleiche die Moeglichkeiten zum Ausspionieren von Buergern und Gesetzen, die eben dieses verhindern sollen, gern mit dem Automobilmarkt und den Verkehrsgesetzen in Japan: Autos werden immer staerker und schneller, obwohl man auf Japan’s Mautautobahnen nur 80 km/h fahren darf. Kuemmert das Jemanden? Nein. Die Kauefer von Autos mit mehreren hundert Pferdestaerken, werden diese auf jeden Fall ausnutzen, auch wenn es gegen die Gesetze verstoesst. Klar, ein paar werden erwischt, aber die meisten kommen mit ihrer Raserei durch. Genauso ist es beim Datenschutz: Immer mehr billige, in China hergestellte „Spionagetools“ kommen auf den Markt. Klar ist es verboten, die Nachbarin beim Duschen mit der Minikamera zu filmen, aber wen stoert das, ausser die Nachbarin? Immer mehr Firmen und staatliche Behoerden verfuegen ueber gewaltige Moeglichkeiten zum Ausspionieren von Angestellten oder Buergern. Dient das wirklich nur der Aufklaerung von Verbrechen?
Und wenn ja: Bleibt es dabei?


Nun gut, zurueck zu meinem taeglichen Leben in Japan.

Am Wochenende fahre ich mit dem Auto ins Gruene. Damit es schneller geht, nehme ich natuerlich den Highway. Ich fahre auf die Schranke der Mautstelle zu, mein elektronisches Mautsystem „ETC“ wird erkannt, die Schranke oeffnet sich und ich kann weiterfahren. Ein tolles und bequemes System. Das ich, waehrend ich auf die Mautstation zufahre, gleich von allen vier Seiten fotografiert werde, das mein Kennzeichen von einer Software mit einer Datensammlung verglichen wird und diese gleichzeitig checkt ob mein Shaken (Tuev) noch gueltig ist, bemerke ich nicht, schliesslich muss ich mich auf das Wiedereinfaedeln in den laufenden Verkehr konzentrieren. Mein Navigationssystem laedt die neuesten Staudaten vom Satelliten. Das mein Navi gegebenenfalls auch alle moeglichen Daten an den Satelliten zuruecksenden kann, wie z.B.: Standort, Geschwindigkeit, welchen TV-Sender ich nebenbei schaue, usw., ist den meisten Leuten nicht bekannt und auch egal. Nach einer Stunde Fahrt verlasse ich die Autobahn. Mein ETC sagt an, wieviel Maut von meinem Konto abgezogen wird. Gleichzeitig werde ich natuerlich wieder von allen 4 Seiten fotografiert und mein Kennzeichen wird abgeglichen. Die gefahrene Strecke mit Durchschnittsgeschwindigkeit wird zusammen mit meinen Bildern in „irgendeiner“ Datei fuer "unbestimmte Zeit" gespeichert.

In Amerika ist es ueblich, waehrend einer Scheidung saemtliche Emails des Ehepartners zu durchleuchten, um Hinweise auf einen Verstoss gegen die ehelichen Pflichten zu finden, der das spaetere Urteil ganz immens beeinflussen kann. Schliesslich werden alle Mails trotz Loeschung auf dem Heim-PC noch jahrelang beim Provider gespeichert. In Japan hat das bisher niemanden interessiert, gab es doch keinerlei Recht auf Unterhalt seitens der Frau, wenn dieser nicht explizit in einem Vertrag zugesichert wurde. Die neuen Scheidungsgesetze, die z.B. der Ex-Frau auch Ansprueche auf einen Teil der Rente des Ex-Partners zugestehen und eine Anerkennung von „eheschaedlichen“ Einfluessen zulassen, werden wohl auch in Japan zu immer neuen Moeglichkeiten der „Partnerspionage“ fuehren. So verhindert z.B. eine neue, verbesserte Einwohnererfassungsdatenbank, das sich (wie bisher ueblich) der fuer gemeinsame Kinder unterhaltspflichtige Ex-Mann einfach in die naechste Praefektur „absetzen“ kann und fortan fuer die Behoerden praktisch unauffindbar ist.

Die in Japan erlassenen Gesetze zum Datenschutz muten fuer Auslaender oft irre an. Vor mehreren Jahren wurde z.B. per Gesetz erlassen, das Kameras, besonders die in Mobiltelefonen, bei der Aufnahme eines Fotos ein deutlich hoerbares, eindeutig identifizierbares Geraeusch abgeben muessen, das sich nicht abstellen laesst, um deren Missbrauch zu verhindern. In Japan ist es unter Maennern offensichtlich ein beliebter „Sport“, mit eben diesen Keitai’s (Handy) Aufnahmen von Unterhosen oder BH‘s von in der Bahn eingeschlafenen Frauen zu machen.
Die „gesammelten“ Werke wurden dann meistens im Internet einer breiten Schar von Interessierten zur Verfuegung gestellt. Nein, nicht das diese Bilder in etwa weniger geworden waeren, die „Hobbyfotografen“ haben aufgeruestet und kleben ganz einfach die Lautsprecher ihrer Kameras ab, oder kaufen gleich ein „Spionagetool“ im chinesischen Onlineversand: http://www.chinavasion.com/
Soviel zur Qualitaet der Gesetze zum Schutz der Buerger in Japan......

Waehrend in Deutschland jeder Buerger einen Pass mit biometrischen Daten verpasst bekommt, sind es hier in Japan die Auslaender, die als erste einen RFID-Chip in ihren „ARC’s“ (Alien Registration Card) dulden muessen. Nun werden wieder Einwaende kommen, das mittlerweile beschlossen wurde, das alle japanischen Paesse auch einen RFID-Chip bekommen. Der Punkt ist, das Japaner ihre Paesse nicht mitfuehren muessen, Auslaender aber gesetzlich dazu verpflichtet sind ihre ARC’s staendig mitzufuehren. Zuwiderhandlungen werden strengstens geahndet. In Hotels kommt es oft vor das Auslaneder die in Japan wohnen, nach ihrer Alien Registration Card gefragt werden. Ich verneine das staendig, da nur die Polizei von mir verlangen kann mich auszuweisen. Notfalls storniere ich die Reservierung. Mit der Einfuehrung von RFID’s in den ARC’s hat das leidige Thema zumindest fuer die Hotels ein Ende, ein Auslesen meiner ARC ist dann ein Einfaches, ohne das ich etwas davon merke. „Interessierte Behoerden“ koennten so z.B. mit RFID-Handlesern die Auslaenderkonzentration an bestimmten Stellen, z.B. Bars, Bahnhoefe, Demonstrationen, Love Hotels, usw. messen. Toll was?

Also, immer schoen alle RFID's in Alufolie packen. Und denkt dran: Ich beobachte euch.......

Fortsetzung folgt..........

  1. Na klar merke ich das. Allein schon wer einen alles an der Haustuer besuchen kommt, wenn man gerade umgezogen ist. Der absolute Wahnsinn!
    Ich wuesste zu gerne wer die Angaben verkauft hat. Das Rathaus oder gar die Bullen?

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