Meistens kommt es anders, als man denkt......

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Seit einer Woche ist Regenzeit in Japan. Das heisst: Temperaturen um die 30 Grad und fast taeglich Regen. Selbst wenn es nicht regnet, ist die Luftfeuchtigkeit elendig hoch. Mann schwitzt schon morgens beim Aufwachen wie ein Rennpferd.

Am Freitag bin ich voller Erwartung zu der im letzten Blog erwaehnten Nachschulung
Nach Kinchicho gefahren, nur um festzustellen, das ich dort ueberhaupt keine Nachschulung oder sonst irgendetwas aehnliches machen werde. Danke, Info aus dem Internet! Dort war eine Art Verkehrsgericht, in dem in einem Schnellverfahren die Hoehe meines Bussgeldes festgelegt wurde. Das fing an mit „Nummer ziehen“ und ging durch verschiedene Stationen, die alle schoen von 1-8 gekennzeichnet waren. Leider war der dazugehoerige Text komplett in Japanisch, also fuer mich groesstenteils unverstaendlich.

Also erstmal ab in die Wartehalle. Dort sitzen jetzt ca. 50 Personen. Ich bin Nr. 5.
Nach dem guten Ratschlag eines Inders, ich sollte auf jeden Fall sagen, das ich kein Japanisch lesen kann (kein Problem, Idiot! Dafuer muss ich nicht mal luegen!), ging es auch schon los. An Station Nr.2 wurde die Richtigkeit der Angaben zu meiner Person ueberprueft (Nr. 1 war die Anmeldung), was ein freundlicher Ex-Motorradpolizist gemacht hat. Nach einer kurzen Schilderung seiner Erlebnisse als Motorradpolizist mit solchen Typen wie mir, ging es wieder in die Wartehalle. An Station Nr. 3 hielt mir ein ebenso freundlicher Schnellrichter dann eine japanische Zeitung unter die Nase und wollte wissen ob ich sie lesen kann. Ich sagte ihm, das ich noch nichtmal seine Frage richtig verstanden haette, geschweige denn die Zeitung lesen koennte. Gut, also mit Haenden und Fuessen weiter. Ich musste ein Protokoll meiner Tat lesen (100% Japanisch) und dessen Richtigkeit mit Unterschrift und -weil ich keinen Hanko (Stempel) habe- zur Sicherheit auch noch mit einem Fingerabdruck bestaetigen musste. Der Richter hat mir zwar grob erklaert, was dort geschrieben stand, aber das haette „weiss Gott was“ sein koennen. Hoffentlich habe ich da nicht meiner Einweisung in eine Klapsmuehle zugestimmt.....

Na gut, nach gut 5 Minuten war das Gespraech dann auch beendet und ich musste wieder in die Wartehalle. An Station Nr. 4 bekam ich dann meinen Bussgeldbescheid: 100.000 yen (ca. 670 Euro)! Ich hatte mit mehr gerechnet. Immerhin war ich mit 115 km/h auf einer 40 km/h-Strasse unterwegs! An Station Nr. 5 musste ich dann direkt in bar bezahlen, warum konnte mir der gute Mann dort mit seinem extrem schnellen Japanisch nicht eindeutig erklaeren. Gut, das fuer alle Faelle eine Karte mit den naechstgelegenen Geldautomaten ausgehaendigt wurde.

Dann ging es weiter zur Nr. 8. Hey, was ist mit Nr. 6 und Nr. 7? Wahrscheinlich werden dort die besonders schweren Faelle geteert und gefedert.......

Egal, auf jeden Fall bekam ich bei der Nr. 8 meinen Fuehrerschein ausgehaendigt. Leicht ueberrascht (wegen 115 km/h in einer 40er Zone....) fragte ich die nette Dame ob das alles waere. Natuerlich habe ich von ihrer Antwort in bestem Buerokratenjapanisch kaum etwas verstanden, aber irgendwie bekomme ich wohl noch Bescheid mit der Post und dann kann (nicht muss!) ich noch zu der ominoesen Nachschulung, um meine Punkte zu halbieren. Naja, woll’n mal sehen, was dort noch auf mich zukommt.

Unterwegs auf der Route 20

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Am Sonntag hat es mich einfach nicht im Haus gehalten. Das Wetter war einfach zu schoen. Also nix wie rauf auf’s Moped, ab zur Tanke und dann auf die Piste. Ich bin mal wieder meine „Hausstrecke“ gefahren: Die Route 20 (Koshu Kaido), die von Tokio bis nach Kofu fuehrt (ca. 240 km). Bis kurz hinter Tokyo ist die 20 noch dreispurig, geht dann bis Takao zweispurig weiter und verengt sich dann auf eine Spur, die ueber den Takao san fuehrt. Eine schoene Strecke, die mich ein wenig ans Sauerland erinnert, vor allem, wenn man den Strecken um die vielen Stauseen in der Kanagawa-Praefektur folgt. Dabei tun sich einem oft gewaltige Ausblicke auf, wenn zum Beispiel die Strasse direkt hinter den Leitplanken in einem Felshang endet, der wohl 300 Meter tief und steil abfaellt.




Leider vergessen die technikbegeisterten Japaner nur allzu oft, die Staudaemme, Bruecken, Uferstrassen und andere technische Bauwerke, ein bisschen besser in die Natur einzufuegen. Staudaemme muessen nicht haesslich sein, wie man an der Moehnetalsperre im Sauerland sehen kann. Auch haesslich: Die oft voellig in Beton gegossenen Steilabhaenge an Bergen. Gut, Erdrutsch –und Lawinenschutz muss sein, aber auch das geht schoener.
Egal, den Spass am Fahren nimmt einem das eher nicht und es sind noch genug eher wenig angetastete Flecken Natur am Strassenrand vorhanden.
Auf dem naechsten Foto sieht man eine typische Kurveneinfahrt auf der 20. Ja, die roten Streifen sind ein wenig erhoben, um die „boesen“ Biker einzubremsen. Was bei trockener Strecke eher wegen der Ruckelei nervt, wird bei Naesse gefaehrlich. Dann geht’s nur noch extrem vorsichtig um die Kurven. Bei Naesse stoeren auch die vielen Bremsspuren von Hobbyrennfahrern, die hier wohl oft nachts unterwegs sind. Bei Regen sind die Bremsspuren glatt wie Schmierseife.


Kurveneinfahrt auf der Route 20



Waehrend im Sauerland viele Strecken (z.B. der beruechtigte Ochsenkopf) fuer Biker gesperrt sind, habe ich das hier in Japan noch nicht gesehen. Einzig fuer Mopeds unter 125 Kubik ist die Strecke ueber den Takao san gesperrt. Gepolsterte Leitplankenstuetzen, wie man sie in Deutschland oft sieht, habe ich in Japan auch noch nicht gesehen. Trotzdem sieht man praktisch keine Blumen fuer tote Biker am Strassenrand. Die sieht man eher in der Innenstadt von Tokyo.


So, diesen Freitag muss ich ins License Office zur ganztaegigen Nachschulung. Bin mal gespannt, was mich da erwartet, vor allem weil ich ja Auslaender bin und die mir eigentlich einen Uebersetzer stellen muessen. Werde auf jeden Fall Bericht erstatten.